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Ulla Schmidt
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Frage von Hennes J. •

Frage an Ulla Schmidt von Hennes J. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Volksvertreterin Schmidt

Ich bin mir bewußt ,daß Sie einen äußerst schwierigen Job zu bewältigen haben und sie darum nicht zu beneiden sind .

Doch was gedenken Sie zu tun, um den in Armut lebenden Hartz IV Empfängern endlich mal zu helfen und diese unzumutbaren Zuzahlungen auf alles und jedes, mittels der Wiedereinführung der abgeschafften früheren Härtefallregelung,wieder ein Leben in Würde zu ermöglichen,so wie es unser Grundgesetz vorsieht ?
Wissen Sie denn noch , wie es ist , wenn man vor die Entscheidung gestellt wird , entweder noch was Geld zum Essen zu haben, oder sein letztes Geld für dringend benötigte ärztliche und medikamentöse Hilfe auszugeben .
Ich halte die derzeitige Zuzahlungsregelung für ALG 2 Empfänger für mehr als Skandalös. Hier verabschiedet sich der Sozialstaat in Richtung soziale Eiseskälte und gnadenloser Ignoranz, der an den Grundfesten unserer Demokratie rüttelt .

Mit freundlichen Grüßen ,
Ein Aachener Mitbürger (jetzt 2ter Klasse)
Danke für Ihre Aufmerksamkeit !

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Jülich,

vielen Dank für Ihren Beitrag. Tatsächlich gelten seit 2004 einheitliche Zuzahlungsregelungen für Erwachsene und nur mehr Kinder sind grundsätzlich zuzahlungsbefreit. Allerdings findet die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Versicherten mit den seither bestehenden gesetzlichen Regelungen durchaus Berücksichtigung, und sogar konsequenter als zuvor. Die eingeführten Belastungsgrenzen sorgen dafür, dass Rücksicht auf diejenigen genommen wird, die ihrer besonders bedürfen und dass Patientinnen und Patienten nicht unzumutbar belastet werden. Auch wenn weitergehende allgemeine Befreiungen für Bürgerinnen und Bürger natürlich wünschenswert wären, helfen Zuzahlungen direkt und indirekt, die umfassende medizinische Versorgung in Deutschland für jeden erhalten zu können.

Bei bestimmten Personengruppen gibt es Besonderheiten hinsichtlich der Belastungsgrenzen. Dazu gehören insbesondere chronisch kranke Menschen. Für sie halbiert sich die allgemeine Zuzahlungsgrenze von 2% auf 1% des Haushaltseinkommens. Sofern solch chronisch Kranke Leistungsempfänger nach dem SGB XII sind, haben sie rund 40 Euro pro Kalenderjahr an Zuzahlungen selbst zu tragen - entsprechend gut Verdienende müssen mehrere Hundert Euro bezahlen. Für Versicherte, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) erhalten, ist als Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt für die gesamte Bedarfsgemeinschaft nur die Regelleistung des Haushaltsvorstandes maßgeblich. Das heißt, hier ist für die gesamte Familie maximal 40 Euro pro Jahr zuzuzahlen, auch wenn nur chronisch Erkrankter im Haushalt lebt.

Das Bundessozialgericht in Kassel hat im April diesen Jahres festgestellt, dass die Zuzahlungen auch für Bezieher von Leistungen nach SGB II sachlich gerechtfertigt sind, um das Kostenbewusstsein der Versicherten zu schärfen (Az: B 1 KR 10/07 R). Die Sozialrichter erklärten eine Beteiligung der Bezieher von Arbeitslosengeld II an ihren Arzneikosten ausdrücklich für zumutbar. Durch eine Zuzahlung von 3,45 Euro im Monat werde das Existenzminimum nicht unterschritten. Die gegenwärtige Regelung widerspreche auch nicht der vom Grundgesetz garantierten Menschenwürde oder dem Gleichheitsgrundsatz.

Wichtig für Versicherte: Viele Krankenkassen bieten entsprechend den gesetzlichen Möglichkeiten Zuzahlungsermäßigungen oder auch Befreiungen an, beispielsweise wenn Versicherte sich in Behandlungsprogramme einschreiben, Hausarzttarife nutzen oder auf bestimmte gleichwertige Arzneimittel zurückgreifen. Insoweit hat der Einzelne durch sein Verhalten auch Einfluss darauf, ob er Zuzahlungen leistet oder nicht. Ich rate daher jedem, sich bei seiner Krankenkasse nach entsprechenden Möglichkeiten und Angeboten zu erkundigen.

Persönlich hoffe ich für Sie, dass sich möglichst schnell wieder eine Möglichkeit der Beschäftigung ergibt. Damit wäre Ihnen sicher mehr geholfen, als mit Zuzahlungsermäßigungen oder ähnlichem. Und schließlich braucht unsere Gesellschaft wie auch die Wirtschaft alle Talente; uns muss gelingen, dass jeder seine Fähigkeiten und Fertigkeiten einbringen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Ulla Schmidt