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Frage von Ursula N. •

Frage an Ulla Schmidt von Ursula N. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Schmidt,

auf Grund des deutschen Gesundheitssystems, manchen Menschen wegen ihres Berufsstandes und ihres Einkommens die Möglichkeit der Krankenversicherungswahl selbst zu überlassen, bin ich leider von der Möglichkeit der PKV ausgeschlossen. Ich scheitere an der Beitragsbemessungsgrenze und daran, dass ich weder selbstständig noch Beamtin bin.

Nun habe ich mich, wie es von Politikern auch gern empfohlen wird, nach einer privaten Zusatzversicherung zur Unterbringung in einem Zweibettzimmer und der Wahlmöglichkeit der Chefarztbehandlung umgesehen. Diese könnte ich mir finanziell leisten und mein beruflicher Stand spielte hier auch keine Rolle. Jetzt scheitere ich jedoch an den Versicherungsbedingungen, die da sagen, dass ein Mensch, der wie ich freiwillig eine Psychoanalyse gemacht hat, nicht eine derartige Zusatzversicherung genießen kann. Selbst mein Hinweis, dass ich weder selbstmordgefährdet noch physisch krank bin und mein letzter Krankenhausaufenthalt 22 Jahre (Entbindung) zurückliegt, kann hier keine Abhilfe schaffen.

Ich möchte ebenfalls die Möglichkeit der Zusatzversicherung haben oder wenigstens die der freien Wahl, ob ich mich in einer GKV oder PKV versichern möchte. Ich empfinde die jetzige Regelung, die diese Wahlmöglichkeit nur gewissen Berufsständen oder gewissen Einkommensklassen vorbehält als Diskriminierung durch den Staat einerseits und durch die Versicherungsgesellschaften andererseits, da sie einen Menschen, der sich um seine Psychohygiene kümmert ausschließen. Wann wird diese empörende Zweiklassengesellschaft endlich abgeschafft?

Können Sie mir einen Rat geben, wie ich mich nun privat zusatzversichern kann? Ich habe nämlich auch den Wunsch, in einem Zweibettzimmer zu liegen und mit dem Chefarzt zu sprechen.

Vielen Dank und freundliche Grüße
Ursula Nurkowski

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Sehr geehrte Frau Nurkowski,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

In Deutschland gibt es ein duales Krankenversicherungssystem mit gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen. In der gesetzlichen Krankenversicherung orientieren sich die Beiträge an der finanziellen Leistungsfähigkeit, in der privaten am individuellen Krankheitsrisiko. Das gegenwärtige System kennt innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung die Unterscheidung in Pflichtversicherte und freiwillige Mitglieder. Für abhängig Beschäftigte ergibt sich die Trennung durch die sogenannte Versicherungspflichtgrenze, eine Einkommensgrenze, ab der jemand freiwillig in der gesetzlichen Krankenkasse verbleiben kann, oder sich – bei dreijährigem Überschreiten selbiger – privat absichern kann.

Wie Sie sicherlich wissen, steht in der gesetzlichen Krankenversicherung das Solidarprinzip an erster Stelle. Es soll einen Ausgleich zwischen gesunden und kranken Menschen, unabhängig von Alter und Einkommen gewährleisten. Dazu gehört auch der Schutz der abhängig Beschäftigten vor finanzieller Überforderung im Krankheitsfall. Die genannte Versicherungspflichtgrenze ist ein solcher Schutz. Denn bei einem Wechsel in die private Krankenversicherung verpflichten sich abhängig Beschäftigte nicht nur, die laufenden Beiträge zu tragen, sondern bei Erreichen des Rentenalters auch für die bis dahin vermutlich deutlich gestiegenen Krankenversicherungsprämien aus ihrer gesetzlichen und privaten Altersvorsorge aufkommen müssen. Daher ist ein Mindesteinkommen festgelegt, ab dem ein Wechsel in die private Krankenversicherung möglich ist. Anderenfalls bestünde die "Gefahr", dass Personen in die private Krankenversicherung wechseln, die durch die Versicherungsprämien im Alter finanziell überfordert wären und dann durch Rückkehr das Solidarsystem belasten, in das sie nichts eingezahlt haben.

Es ist kein Geheimnis, dass ich für die Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems hin zu einer umfassenden Bürgerversicherung bin. Dann könnte jeder Bürger und jede Bürgerin unabhängig von Einkommen, Gesundheitszustand und Alter frei zwischen Krankenkassen oder privaten Versicherungsverträgen wählen und alle Versicherungen müssten nach den selben Spielregeln Versicherte aufnehmen und alle notwendigen Leistungen gewähren. Ich werde weiterhin für entsprechende Mehrheiten werben.

Die private Krankenversicherung basiert bislang grundsätzlich auf dem Individualprinzip (oder Äquivalenzprinzip) – hier werden die Beiträge aufgrund des individuellen Risikos versicherungsmathematisch berechnet. Wenn sich aufgrund einer eingangs stattfindenden Gesundheitsprüfung ergibt, dass der Abschluss eines Versicherungsvertrages für die private Krankenversicherung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht kostendeckend wäre, werden Antragssteller abgelehnt oder müssen Risikozuschläge leisten.

Durch die Gesundheitsreform stehen jedoch auch die privaten Krankenversicherungsunternehmen vor großen Änderungen: Ab 1. Januar 2009 müssen die entsprechenden Unternehmen einen sogenannten Basistarif mit Kontrahierungszwang (also Pflicht zur Annahme jedes Antragstellers), ohne Risikozuschläge, ohne Leistungsausschlüsse und zu bezahlbaren Prämien anbieten. Damit wird einem systematischen „Rosinenpicken“ - die bisher mögliche Beschränkung auf die Versicherung „guter Risiken“, also junger, gesunder Menschen - ein wirksamer Riegel vorgeschoben. Außerdem müssen die privaten Krankenversicherungen künftig die sogenannten Alterungsrückstellungen übertragbar ausgestalten. Im Ergebnis wird auch dort - und nicht nur in der gesetzlichen Krankenversicherung - echter Wettbewerb Einzug halten.

Zur Frage der Zusatzversicherung: Anders als im Basistarif, ist es nicht möglich, gesetzlich vorzugeben, dass hier jeder Antragsteller anzunehmen ist. Schließlich gehen die Leistungen von Zusatzversicherungen, wie z.B. Einzelzimmerunterbringung im Krankenhaus über eine notwendige medizinische Versorgung hinaus. Wenn Sie eine entsprechende private Zusatzversicherung anstreben, ist es jedoch eventuell möglich, einen Leistungsausschluss bezüglich Ihres Vorerkrankungsrisikos zu vereinbaren. Dies könnte dazu führen, dass die Unternehmen zu einem Abschluss einer privaten Zusatzversicherung bereit wären.

Ein anderer Weg könnte sich für Sie durch die mit der Gesundheitsreform erweiterten Wahlmöglichkeiten innerhalb der gesetzlichen Krankversicherung ergeben. So werden inzwischen zahllose Wahltarife und Zusatzversicherungen von den Krankenkassen angeboten. Fragen Sie Ihre Krankenkasse, ob sie entsprechende Angebote ohne Risikoprüfung offeriert, ggf. durch private Kooperationspartner. Hier könnten Sie auch einen Wechsel in eine andere gesetzliche Krankenkasse erwägen, die die von Ihnen gewünschte Leistungsabsicherung über Zusatzversicherungen anbietet. Um passende Angebote zu finden, können Sie sich beispielsweise an eine Verbraucherberatung wenden.

Ich hoffe, dass Ihnen diese Informationen weiterhelfen.

Mit freundlichen Grüßen
Ulla Schmidt