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Frage von Karl G. •

Frage an Ulla Schmidt von Karl G. bezüglich Gesundheit

Warum haben wir in Deutschland eine viel zahl von Krankenkassen?
Vielleicht würde es auch eine einzige tun, wo "jeder Bundesbürger " ohne
Beitragsbemessungsgrenze einzahlen müsste?
Warum gibt es eigentlich eine Beitragsbemessungsgrenze?
Ich bitte um logische Erklärungen.

MfG
Karl Greßmann

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Greßmann,

Ihr Grundanliegen teile ich. Seit Jahren vertrete ich – gegen alle Lobby-Widerstände – die Auffassung, dass eine erheblich geringere Zahl von Krankenkassen völlig ausreichend wäre. Selbst wenn es statt wie heute 218 Krankenkassen nur noch wenige Dutzend gäbe, könnte immer noch jeder Erwachsene sein ganzes Arbeitsleben jährlich in eine neue Kasse wechseln. Ein Modell mit nur einer Krankenkasse für alle sehe ich jedoch kritisch. Denn ich bin der Überzeugung, dass allein die Tatsache, dass Versicherte aus einer Krankenkasse hinaus- bzw. hineinwechseln können, diese zu einem kundenfreundlichen Gebahren anhält. Einheitsversicherungen entwickeln schnell einen "Behördencharakter" mit all seinen Konsequenzen.

Deswegen gehen wir den Weg, Kooperationen und Fusionen von Krankenkassen durch gesetzliche Rahmenbedingungen zu befördern. So war ein nicht unwesentliches Element der Gesundheitsreform, Barrieren und Schranken für Kassenfussionen zu beseitigen. Seit letztem Jahr können Krankenkassen z.B. über historische Kassenartengrenzen hinweg fusionieren, also Betriebskrankenkassen mit Ersatzkassen oder Ortskrankenkassen mit Innungskrankenkassen. Dies war davor nicht möglich. Bereits mehrere Kassen haben mittlerweile von dieser Fusionsoption Gebrauch gemacht. Auch über Landesgrenzen können Krankenkassen seit der Gesundheitsreform ohne Staatsverträge fusionieren – und auch dies wurde bereits genutzt. Sie sehen, der Trend hin zu weniger Krankenkassen ist klar vorgezeichnet.

Zur Frage der Beitragsbemessungsgrenze muss man etwas ausholen:

In Deutschland gibt es ein duales Krankenversicherungssystem mit gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen. In der gesetzlichen Krankenversicherung orientieren sich die Beiträge an der finanziellen Leistungsfähigkeit, in der privaten am individuellen Krankheitsrisiko. Das gegenwärtige System kennt innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung die Unterscheidung in Pflichtversicherte und freiwillige Mitglieder. Für abhängig Beschäftigte ergibt sich die Trennung durch die sogenannte Versicherungspflichtgrenze, eine Einkommensgrenze, ab der jemand freiwillig in der gesetzlichen Krankenkasse verbleiben kann, oder sich – bei dreijährigem Überschreiten selbiger – privat absichern kann. Solange dieses duale System mit unterschiedlicher Beitragssystematik besteht, wäre es widersinnig, die sogenannte Beitragsbemessungsgrenze, also die Einkommensgrenze, bis zu der prozentuale Beiträge erhoben werden, über die Versicherungspflichtgrenze zu heben. Dies würde die Anreize, gerade besser Verdienender zum Wechsel aus der gesetzlichen Krankenversicherung ganz erheblich erhöhen. Aber selbst, wenn alle Angestellten pflichtversichert würden, wäre es zumindest strittig, ob eine Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze verfassungsrechtlich überhaupt möglich wäre.

Es ist kein Geheimnis, dass ich nach wie vor für die Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems hin zu einer umfassenden Bürgerversicherung bin. Dann könnte jeder Bürger und jede Bürgerin unabhängig von Einkommen, Gesundheitszustand und Alter frei zwischen Krankenkassen oder privaten Versicherungsverträgen wählen und alle Versicherungen müssten nach den selben Spielregeln Versicherte aufnehmen und Leistungen gewähren. Ich werde weiterhin für entsprechende Mehrheiten werben.

Mit freundlichen Grüßen
Ulla Schmidt