Frage an Ulla Schmidt von Olaf H. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Schmidt,
der Presse sind Ihre Äußerungen zur „Zweiklassenmedizin“ zu entnehmen. Lt. reuters.com sagten Sie "Wir haben vielleicht einen Zwei-Klassen-Service, aber keine Zwei-Klassen-Medizin".
Ich habe neulich meine (gesetzlich krankenversicherte) Mutter im Krankenhaus besucht. Sie teilte sich ein Doppelzimmer mit einer Beamten-Witwe (privat versichert). Während meine Mutter dort für die Telefon-Bereitstellung und fürs Fernsehen selbst zahlen musste, erhielt die privat Versicherte beides kostenlos. Die Pensionärin hatte sich überdies beschwert, dass für sie als privat Versicherte kein Einzelzimmer frei war, das stünde ihr schließlich zu. Es war auch bemerkenswert, dass die Dame in chefärztlicher, meine Mutter dagegen lediglich in normal-ärztlicher Behandlung war. Einer der Höhepunkte in Sachen „Zwei-Klassen-Medizin“ war jedoch, dass die Ärztevisite am Wochenende nur für die Privatversicherte stattfand! Es seien auf unsere Nachfrage „Arztvisiten für gesetzlich Versicherte an Sonn- und Feiertagen nicht vorgesehen“.
Es ist nachweislich bekannt, dass die Behandlungskosten für Privatversicherte gegenüber gesetzlich Versicherten das 2- bis 3-Fache betragen. Was die Beamten betrifft, springt für sie die Beihilfe ein. So genießen Beamte im Krankenhaus Privilegien wie Chefarzt-Betreuung, Einzelzimmer, Fernsehen, Telefon, Arztvisite am Wochenende und viele weitere unstrittige Vorteile auf Staatskosten bzw. aus Steuergeldern.
Ich könnte Ihnen noch einige weitere Beispiele nennen, bei denen Privatversicherte auch ambulant-ärztlich immer im Vorteil sind (u.a. auch bei der Krebsvorsorge). Das sollte Ihnen eigentlich bekannt sein.
Meine Fragen: Wo sehen Sie die Trennlinie zwischen „Service“ und „Medizin“? Finden Sie nicht auch, dass unser Staat Beamte nicht nur "servicemäßig", sondern auch medizinisch besser versorgt, als die „normalen“ sozialversicherungspflichtig Beschäftigten? Was genau ist in Ihren Augen eine "Zwei-Klassen-Medizin"?
Mit freundlichen Grüßen
Olaf Heine
Sehr geehrter Herr Heine,
vielen Dank für Ihre Anfragen. Wie vielfach öffentlich geäußert und auch hier auf abgeordnetenwatch.de mehrfach dokumentiert, bin ich nach wie vor für die Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems hin zu einer umfassenden Bürgerversicherung. Dann könnte jeder Bürger und jede Bürgerin unabhängig von Einkommen, Gesundheitszustand und Alter frei zwischen Krankenkassen oder privaten Versicherungsverträgen wählen und alle Versicherungen müssten nach denselben Spielregeln Versicherte aufnehmen und Leistungen gewähren.
Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass alle ihren Beitrag zur solidarischen Finanzierung unseres Gesundheitssystems leisten sollten. Deshalb wollte ich, dass auch privat Versicherte wie Selbständige, Menschen mit höherem Einkommen, Beamte oder auch Abgeordnete entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zum gleichen Beitragssatz wie alle anderen auch in den Gesundheitsfonds mit einbezahlen. Dies ist jedoch am massiven Widerstand der CDU/CSU gescheitert. Dennoch werde ich weiterhin für entsprechende Mehrheiten für die gerechte Einbeziehung aller in die Solidarität werben. Dies bedeutet übrigens nicht, dass die privaten Versicherungen abgeschafft würden. In unserem Modell der Bürgerversicherung würde jeder, nicht nur gesetzlich Versicherte, den gleichen prozentualen Beitrag zur Versorgung aller leisten. Und andererseits könnte dann jeder die Möglichkeit bekommen, frei zwischen allen Kassen zu wählen.
Mit freundlichen Grüßen
Ulla Schmidt