Frage an Ulla Schmidt von Georg D. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Schmidt,
wann geben Politik endlich zu, dass eine vernünftige Finanzierung, des Gesundheits- Systems längst nicht mehr möglich ist. Ich als chronisch Kranker fordere die Einführung
der freiwilligen (!!) Euthansie. Kostedämpfend und unterm Strich das Menschenwürdigste. Warum erlauben sie mündigen Bürgern nicht endlich selbstständig und frei zu entscheiden, wann es an der Zeit ist zu gehen.
Welche Skrupel haben Politiker dieses brisante Thema anzugehen ?
mfG
Georg Dangl, Erding
Sehr geehrter Herr Dangl,
vielen Dank für Ihren Beitrag. Sie sprechen darin ein Thema an, dass sehr vielen Menschen in unserem Lande und auch mir persönlich sehr wichtig ist.
Die Themen schwerste Erkrankungen und würdevolles Sterben dürfen keinesfalls mit Finanzierungsfragen verquickt werden. Dies wäre zynisch und menschenverachtend.
Nach meiner Überzeugung geht es bei der notwendigen Debatte um Würde. Würde der Menschen in ihrer schwierigsten Lebensphase. Um die Würde zu gewährleisten, sind verschiedene Themenkomplexe betroffen.
Zuvorderst war und ist für mich im Zusammenhang mit sterbenskranken Menschen eine möglichst gute Versorgung und Schmerzbehandlung. Deswegen habe ich mich im Rahmen der Gesundheitsreform für das flächendeckende Angebot sogenannte Palliativ-Care-Teams eingesetzt. So werden künftig bis zu 250 Millionen Euro für eine bessere, auch ambulante Palliativversorgung bereitgestellt. Eine möglichst weitgehende Schmerzfreiheit ist zentrale Voraussetzung für ein auch faktisch selbst bestimmtes Leben.
Ein weiteres wichtiges Thema im Kontext der genannten Würde ist die Begleitung Sterbender. Unsere Gesellschaft sollte gewährleisten, dass Menschen in ihrer letzten Lebensphase die Möglichkeit einer Begleitung gegeben wird. Damit erwerbstätigen Eltern von sterbenskranken Kindern nicht aus finanziellen Gründen eine Begleitung ihrer Kinder verwährt bleibt, haben wir die zeitliche Begrenzung des Anspruchs auf Krankengeld in solchen Fällen aufgehoben. Eine spezielle und wichtige Rolle spielt hier auch die ehrenamtliche Hospizarbeit. Aus dieser Überzeugung heraus haben wir letztes Jahr dafür gesorgt, dass die Finanzausstattung der Hospize durch die Krankenkassen besser werden kann.
Nicht zuletzt geht es beim Thema würdevolles Sterben und Selbstbestimmung auch um die Patientenverfügung. Viele Menschen haben in einer Patientenverfügung festgelegt, was bei schwerer Krankheit mit ihnen geschehen soll, wenn sie nicht mehr selbst entscheiden können. Fragen der rechtlichen Verbindlichkeit und des Umganges mit Patientenverfügungen werden seit einigen Jahrzehnten intensiv diskutiert.
Seit Ende der 90er Jahre wird die Verbindlichkeit eine Patientenverfügung zunehmend anerkannt. Der Bundesgerichtshof hat mit mehreren Beschlüssen die Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts bei ärztlichen Maßnahmen und die Verbindlichkeit einer Patientenverfügung bestätigt. Auch die Bundesärztekammer und ihre Ethikkommission gehen in den Grundsätzen zur Sterbebegleitung vom 7. Mai 2004 sowie in den Empfehlungen zum Umgang mit Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung vom 27. März 2007 von der Verbindlichkeit einer Patientenverfügung für Ärztinnen und Ärzte und der Beachtung des Patientenwillens auch nach eingetretener Einwilligungsunfähigkeit bei allen medizinischen Behandlungen aus.
Dennoch sind Fragen offen geblieben. Das betrifft insbesondere die Bindungswirkung und Geltung der Patientenverfügung in allen Stadien einer Erkrankung. Zudem fehlt bislang eine gesetzliche Regelung, wann besonders schwerwiegende Entscheidungen eines Betreuers oder Bevollmächtigten vom Vormundschaftsgericht genehmigt werden müssen. Es besteht also gesetzlicher Handlungsbedarf.
In dieser Legislaturperiode soll die Diskussion über eine gesetzliche Absicherung der Patientenverfügung fortgeführt und abgeschlossen werden. Ein Regierungsentwurf ist nicht vorgesehen; Gesetzentwürfe sollen aus der Mitte des Deutschen Bundestages eingebracht werden. Natürlich kann kein Gesetz für jeden Einzelfall eine exakte Lösung bereithalten; Entscheidungen über ärztliche Behandlungen gerade am Lebensende werden immer schwierig bleiben und erfordern ein hohes Verantwortungsbewusstsein aller Beteiligten. Eine gesetzliche Regelung muss aber sicherstellen, dass der das Betreuungsrecht prägende Grundsatz der Achtung des Selbstbestimmungsrechts entscheidungsunfähiger Menschen auch bei medizinischen Behandlungen beachtet wird.
Wie Sie sehen, wird das Thema würdevolles Sterben in vielfacher Hinsicht politisch aufgegriffen. Für mich ist allerdings klar, dass dies keine Diskussion über weitergehende Sterbehilfe sein darf. Dies wäre genau das Falsche.
Mit freundlichen Grüßen
Ulla Schmidt