Frage an Ulla Schmidt von Ursula N. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Ministerin,
ich bin psychisch krank und mache seit ca. 3 Jahren eine psychoanalytische Behandlung. Diese wird von der GKV übernommen, ist jedoch auf 300 Stunden limitiert. D. h. wenn ich in dieser Zeit nicht schaffe, meine psychische Erkrankung zu bewältigen, dann muss ich weitere Stunden privat zahlen oder zwei Jahren pausieren, um evtl. nochmals Stunden bezahlt zu bekommen.
Die Stunden werden in Abschnitten zu 160, 80 und 60 gewährt und bedürfen des Verlängerungsantrages, der dann an den Gutachter weitergereicht wird. Meine Therapeutin muss zu dem Wunsch der Verlängerung umfassend Stellung nehmen und auch ich werde angehalten, mich schriftlich zu äußern, was ich mir von einem weiteren Therapieverlauf verspreche.
Hierin sehe ich eine deutliche Benachteilung psychisch kranker gegenüber körperlich kranken Menschen. Es wird von den psychisch Kranken sozusagen ein "Leidensnachweis" und dann auch ein "Erfolgsnachweis" verlangt. Dies würde man keinem Patienten mit Herzinfarkt oder Diabetes abverlangen. Auch käme man kaum auf die Idee, dem Diabetiker nur 300 Einheiten Insulin zu verschreiben und dann eine zweijährige Pause anzuordnen.
Des Weiteren sehe ich hier auch eine Diskreminierung von Psychotherapeutin, die sozusagen sich "von oben" erst Zustimmung zu Behandlung einholen müssen.
Ich würde gerne wissen, ob hier zukünftig eine Gleichbehandlung von psychisch und physisch kranken Menschen geplant ist und ob Psychotherapeuten, die ja oft sogar Ärzte sind, evtl. zukünftig auch alleine entscheiden dürfen, wie lange eine Behandlung nötig ist?
Gerne erwarte ich hierzu Ihre Nachricht.
Vielen Dank und freundliche Grüße
Ursula Nurkowski
Sehr geehrte Frau Nurkowski,
nach Überzeugung der betreffenden Experten ist eine Mengenbegrenzung für die verschiedenen Psychotherapie-Verfahren, die in den Psychotherapie-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses festgehalten sind, grundsätzlich angemessen. Die Psychotherapie-Verfahren sind ja in diesem Sinne kein lebenslanger Prozess. Vielmehr sollen durch das angewandte psychotherapeutische Verfahren bestimmte therapeutische Ziele erreicht werden. Das gilt auch für die Psychoanalyse. Diese ist zwar ein langfristiges Verfahren, aber auch sie ist von ihrer Grundidee her begrenzt und soll innerhalb einer - wenn auch längeren Therapiezeit - zu einer Überwindung innerpsychischer Konflikte im Sinne einer psychologischen Reifung führen.
Natürlich gibt es Menschen mit chronischen und schweren psychischen Erkrankungen, die einer dauerhaften Behandlung bedürfen. Dabei ist die Psychotherapie eine Möglichkeit innerhalb einer Vielzahl von Behandlungsoptionen und Hilfsangeboten im ambulanten, stationären und komplementären Bereich. Der Vergleich mit einer eingeschränkten Insulin-Behandlung von Diabetikern erscheint vor diesem Hintergrund nicht sachgerecht.
Wie Sie wissen, sind psychische Erkrankungen und somatische Erkrankungen sozialrechtlich grundsätzlich gleichgestellt. Zur Förderung der Gleichbehandlung von somatisch Kranken mit psychisch Kranken, der gesellschaftlichen Teilhabe oder des Schutzes vor Diskriminierung dienen dabei Maßnahmen der Sensibilisierung und Aufklärung der Gesellschaft, insbesondere in relevanten Lebenswelten, sowie Maßnahmen, die den rehabilitativen Ansatz von Versorgungskonzepten stärken. Die Aufhebung der Mengenbegrenzung für Psychotherapie ist jedoch kein geeignetes Instrument diese Gleichbehandlung zu realisieren.
Mit freundlichen Grüßen
Ulla Schmidt