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Frage an Ulla Schmidt von betuel s. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Schmidt,

die gesetzliche KV entwickelt sich immer mehr zu einer reinen Basisversorgung, es ist sinnvoll und fast schon zwingend erforderlich, privat vorzusorgen und eine Zusatzversicherung abzuschliessen.

Nun ist es aber nicht für jeden möglich, die durch Leistungskürzungen entstandenen Lücken durch private Zusatzversicherungen zu schliessen.
Ein 60-jähriger Diabetiker braucht den Aufnahmeantrag der Versicherung im Grunde gar nicht ausfüllen - er wird bei den Versicherungen von vornerein als potenzielles "hilfe-da-müssen-wir-ja-was-zahlen-Risiko" gescored und nicht versichert.

Es ist genauso unmöglich, einen "ansonsten kerngesunden" vierjährigen zusätzlich privat abzusichern, bei dem unmittelbar nach der Geburt eine Nierendysplasie festgestellt wurde.
Nicht einmal, wenn Sie höhere Beiträge in Kauf nehmen bzw. damit einverstanden sind, dass alles, was mit der Niere zusammenhängen könnte, aus dem Versicherungsvertrag ausgeschlossen wird.
Im Klartext können Sie dann das "Risiko", später einmal eine kostspielige Zahnspange zu benötigen, nicht mit einer privaten Zusatzversicherung abfangen.

Nicht jeder hat die Möglichkeit, die Leistungskürzungen in der gesetzlichen KV durch private Zusatzversicherungen abzufangen. Schlicht aus dem Umstand heraus, dass bestimmte Personengruppen für die privaten Versicherung ein zu hohes "Risiko" darstellen.

Mich interessiert, ob dieses Problem bekannt bzw. berücksichtigt ist.
Meiner Ansicht nach ist dieser Aspekt sehr wichtig, da es sehr viele Menschen gibt, die durch das Raster der privaten Versicherungen fallen und daher gar keine Möglichkeit haben sich zusätzlich zu versichern - nicht für alle Fälle reicht es aus, stattdessen einfach nur "Geld auf die hohe Kante" zu legen - eine Zusatzversicherung ist das sinnvollste, zumal ja die Leistungen immer mehr eingeschränkt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Betül Silanar

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Sehr geehrte Frau Silanar,

vorab eine grundsätzliche Anmerkung: internationale Vergleiche – wie zum Beispiel die des renommierten Commonwealth Funds – zeigen immer wieder, dass das deutsche Gesundheitssystem einen sehr guten und sehr schnellen Zugang zu hochwertigen medizinischen Leistungen bietet. Dabei ist der Umfang der allen Bürgerinnen und Bürgern gewährten Leistungen nahezu einmalig groß. Der Grundsatz in Deutschland ist, dass jeder gesetzlich Versicherte alle notwendigen Leistungen erhält. Allerdings – und dies ist ebenso unumgänglich – muss die Wirtschaftlichkeit der Mittelverwendung beachtet werden, schließlich geht es um die Verwendung von Pflichtbeiträgen. Den umfassenden Versorgungsanspruch im Krankheits- und Notfall haben im übrigen in Deutschland alle Menschen. Privat und Unversicherte erhalten diesen Leistungsanspruch allerdings erst dann durch Steuermittel – z.B. über das Sozialamt - finanziert, wenn keine privaten Vermögen mehr vorhanden sind.

Entgegen Ihrer Grundthese - und auch wenn dies in manchen Medien immer wieder falsch dargestellt wird - haben wir mit der Gesundheitsreform die von der gesetzlichen Krankenversicherung gewährten Leistungen zielgenau und auch deutlich ausgeweitet: Sinnvolle Impfungen, Rehabilitationsmaßnahmen, Mutter/Vater-Kind-Kuren, Hospizförderung, ambulante Reha-Leistungserbringung, palliativmedizinische Leistungen, Entlassmanagement im Krankenhaus, Öffnung spezialisierter Krankenhausabteilungen für die ambulante Behandlung und und und. All dies muss die gesetzliche Krankenversicherung durch die Gesundheitsreform zusätzlich bieten.

Für Details und um sich einen Überblick über die einzelnen Leistungsverbesserungen zu verschaffen, empfehle ich Ihnen unsere Homepage www.die-gesundheitsreform.de .

Zu den von Ihnen angesprochenen privaten Zusatzversicherungen. Bereits mit der Gesundheitsreform 2003, dem GKV-Modernisierungsgesetz haben wir die Möglichkeiten zur Kooperation zwischen privaten und gesetzlichen Krankenkassen erweitert. Seither bieten viele gesetzliche Kassen über private Partnerunternehmen Zusatzversicherungen an. Einige Kassen haben dabei Vertragsgestaltungen, die auf die von Ihnen angesprochenen Leistungsausschlüsse bzw. Gesundheitsprüfungen ausdrücklich verzichten und allen Versicherten der Krankenkasse ohne Ansehen der Person entsprechende Leistungen bieten. Fragen Sie hierzu bitte Ihre Kasse oder wenden sich an einen Verbraucherverband – dieser kann Ihnen ggf. eine andere Krankenkasse mit entsprechendem Partnerunternehmen empfehlen.

Die mit der aktuellen Gesundheitsreform, dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz eingeführten Wahltarife bei gesetzlichen Krankenkassen implizieren und ermöglichen keine Leistungsausschlüsse, sondern erweitern die individuellen Wahlmöglichkeiten insbesondere hinsichtlich der Versorgung (z.B. Hausarzttarif oder Diseasemanagement-Programm) und stärken die Eigenverantwortung der Versicherten (z.B. Kostenerstattung oder Selbstbehalttarife). Und hier sind Gesundheitsprüfungen oder ähnliches grundsätzlich ausgeschlossen.

Tatsächlich sehe auch ich Leistungsausschlüsse oder auch Risikozuschläge, wie sie die private Krankenversicherung bislang kennt als problematisch an. Nicht zuletzt deshalb erhalten – ebenfalls ein Element der Gesundheitsreform – ab dem 1.1.2009 alle Personen, die sich privat vollversichern können und wollen, das Recht, in einem Unternehmen ihrer Wahl den sogenannten Basistarif zu wählen. Hier bestehen umfassende Wechselmöglichkeiten, ein umfassender Versicherungsschutz (wie in der gesetzlichen Versicherung), die Bezahlbarkeit ist gesichert (Sozialtarife) und, das in diesem Zusammenhang wichtigste, die Unternehmen dürfen weder Leistungsausschlüsse vornehmen, noch Risikozuschläge verlangen. Aus meiner Sicht ein sehr großer Schritt in Richtung mehr Solidarität. Auch für Details zum Basistarif und zu den Änderungen hinsichtlich der privaten Krankenversicherung verweise ich auf unsere Homepage www.die-gesundheitsreform.de.

Mit freundlichen Grüßen,
Ulla Schmidt