Frage an Ulla Schmidt von hans j. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Schmidt,
in diesem Monat hat die Mehrbelastung meines Krankenkassenbeitrages seit Inkrafttreten der 1.Gesundheitsreform 2004 mit 10 276,91 Euro die Zehntausend-Euromarke überschritten. Etwa den gleichen Betrag hat Ihre Parlamentarische Staatssekretärin als so genannten „Ar-beitgeberzuschuss“ von uns Steuerzahlern geschenkt bekommen, obwohl sie etwa das Vierfa-che meines Einkommens bezieht. Weder die vierzig Prozent der Bundestagsabgeordneten, die freiwillig in der GKV versichert sind, noch Ihre Staatssekretärin (AOK-Mitglied) gehören wohl zu den Versicherten mit den schmalen Schultern, obwohl sie das Privileg in Anspruch nehmen, der Solidargemeinschaft mit Niedrigstbeiträgen anzugehören. Übrigens gem § 27 AbgG völlig legal !
Und ein Schelm, der dabei an Sozialneid denkt..
Meine Frage:
Wie stehen Sie zu der von Ihnen bei jeder Gelegenheit geäußerten Parole, die SPD stehe seit jeher dafür ein, dass breite Schultern mehr tragen können und sollen als schmale Schultern, also dass gerade in einem solidarischen Sicherungssystem die Erhebung der Beiträge nach Leistungsfähigkeit erfolgt (s.a. Ihr Schreiben vom 07.06.2006 218-96) ?
Stimmen Sie mir zu, dass diese Aussage nicht der Realität entspricht, also unwahr ist, und einer der Gründe dafür ist, dass die SPD nicht nur durch einen Mitgliederschwund ausgezehrt, sondern auch in den Umfragewerten immer unbeliebter wird?
Mit freundlichen Grüßen
Hans Jacobsen
Sehr geehrter Herr Jacobsen,
danke für Ihren Beitrag. In Deutschland gibt es ein duales Krankenversicherungssystem mit gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen. In der gesetzlichen Krankenversicherung orientieren sich die Beiträge an der finanziellen Leistungsfähigkeit, in der privaten am individuellen Krankheitsrisiko. Das gegenwärtige System kennt innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung die Unterscheidung in Pflichtversicherte und freiwillige Mitglieder. Für abhängig Beschäftigte ergibt sich die Trennung durch die sogenannte Versicherungspflichtgrenze, eine Einkommensgrenze, ab der jemand freiwillig in der gesetzlichen Krankenkasse verbleiben kann, oder sich – bei dreijährigem Überschreiten selbiger – privat absichern kann. Solange dieses duale System mit unterschiedlicher Beitragssystematik besteht, wäre es unsinnig, die sogenannte Beitragsbemessungsgrenze, also die Einkommensgrenze, bis zu der prozentuale Beiträge erhoben werden, über die Versicherungspflichtgrenze zu heben. Dies würde die Anreize, gerade besser Verdienender zum Wechsel aus der gesetzlichen Krankenversicherung ganz erheblich erhöhen. Aber selbst, wenn alle Angestellten pflichtversichert würden, wäre es zumindest strittig, ob eine Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze verfassungsrechtlich überhaupt möglich wäre.
Nichtsdestotrotz ist es zweifellos so, dass diejenigen mit "breiten Schultern" auch heute mehr beitragen, als die mit "schmalen Schultern". Neben der in der Tat in der maximalen Höhe begrenzten Beitragsseite auch durch entsprechende Zuzahlungsgrenzen. Denn diese orientieren sich seit 2004 konsequent am Einkommen – im Übrigen sogar am Familienbruttoeinkommen.
Es ist kein Geheimnis, dass ich nach wie vor für die Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems hin zu einer umfassenden Bürgerversicherung bin. Dann könnte jeder Bürger und jede Bürgerin unabhängig von Einkommen, Gesundheitszustand und Alter frei zwischen Krankenkassen oder privaten Versicherungsverträgen wählen und alle Versicherungen müssten nach den selben Spielregeln Versicherte aufnehmen und Leistungen gewähren. Bis dahin jedoch kann auf eine Begrenzung der Wahlfreiheiten – insbesondere durch die so genannte Versicherungspflichtgrenze - nicht verzichtet werden. Ansonsten würden die Systeme zum Schaden aller, insbesondere durch ein hin und her Wechseln von Gesunden, ausgenutzt.
Mit freundlichen Grüßen
Ulla Schmidt
Sehr geehrter Herr Jacobsen,
danke für Ihren Beitrag. In Deutschland gibt es ein duales Krankenversicherungssystem mit gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen. In der gesetzlichen Krankenversicherung orientieren sich die Beiträge an der finanziellen Leistungsfähigkeit, in der privaten am individuellen Krankheitsrisiko. Das gegenwärtige System kennt innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung die Unterscheidung in Pflichtversicherte und freiwillige Mitglieder. Für abhängig Beschäftigte ergibt sich die Trennung durch die sogenannte Versicherungspflichtgrenze, eine Einkommensgrenze, ab der jemand freiwillig in der gesetzlichen Krankenkasse verbleiben kann, oder sich – bei dreijährigem Überschreiten selbiger – privat absichern kann. Solange dieses duale System mit unterschiedlicher Beitragssystematik besteht, wäre es unsinnig, die sogenannte Beitragsbemessungsgrenze, also die Einkommensgrenze, bis zu der prozentuale Beiträge erhoben werden, über die Versicherungspflichtgrenze zu heben. Dies würde die Anreize, gerade besser Verdienender zum Wechsel aus der gesetzlichen Krankenversicherung ganz erheblich erhöhen. Aber selbst, wenn alle Angestellten pflichtversichert würden, wäre es zumindest strittig, ob eine Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze verfassungsrechtlich überhaupt möglich wäre.
Nichtsdestotrotz ist es zweifellos so, dass diejenigen mit "breiten Schultern" auch heute mehr beitragen, als die mit "schmalen Schultern". Neben der in der Tat in der maximalen Höhe begrenzten Beitragsseite auch durch entsprechende Zuzahlungsgrenzen. Denn diese orientieren sich seit 2004 konsequent am Einkommen – im Übrigen sogar am Familienbruttoeinkommen.
Es ist kein Geheimnis, dass ich nach wie vor für die Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems hin zu einer umfassenden Bürgerversicherung bin. Dann könnte jeder Bürger und jede Bürgerin unabhängig von Einkommen, Gesundheitszustand und Alter frei zwischen Krankenkassen oder privaten Versicherungsverträgen wählen und alle Versicherungen müssten nach den selben Spielregeln Versicherte aufnehmen und Leistungen gewähren. Bis dahin jedoch kann auf eine Begrenzung der Wahlfreiheiten – insbesondere durch die so genannte Versicherungspflichtgrenze - nicht verzichtet werden. Ansonsten würden die Systeme zum Schaden aller, insbesondere durch ein hin und her Wechseln von Gesunden, ausgenutzt.
Mit freundlichen Grüßen
Ulla Schmidt