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Frage von Cornelius J. W. •

Frage an Ulla Schmidt von Cornelius J. W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Schmidt,

obwohl mir auch einige Fragen zum Gesundheitswesen auf den Nägeln brennen, interessiert mich doch vielmehr folgendes:

Wie stehen Sie zu den Bestrebungen, ein transparentes und jederzeit überprüfbares Wahlverfahren, nämlich das System aus Papier und Stift, durch ein intransparentes (weil nur von der Herstellerfirma überblickbares) und offensichtlich manipulierbares (siehe Nedap-Hack) System aus Wahlmaschinen zu ersetzen? Sollten nicht Transparenz und Überprüfbarkeit die höchsten Werte einer demokratischen Wahl sein? Wenn Schnelligkeit der Auszählung und Kostenersparnis den Vorrang haben sollten, dann könnten wir uns ja auch mit den "repräsentativen Umfragen" im Vorfeld zufrieden geben - die sind sogar schon am Vorabend der Wahl da.
Bitte entgegnen Sie mir nicht mit der Überprüfung der Systeme durch die PTB. Dies ändert überhaupt nichts an der prinzipiellen Mangelhaftigkeit eines "security by obscurity"-Ansatzes.

In Erwartung Ihrer Antwort,
Cornelius Werner

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Werner,

zunächst ist festzuhalten, dass es bisher in der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Einsatz von Wahlcomputern keine Berichte über Wahlunregelmäßigkeiten oder Wahlmanipulationen gibt. Die Akzeptanz bei Wählerinnen und Wählern, bei Wahlvorstandsmitgliedern und zuständigen Verwaltungsmitarbeiterinnen und Verwaltungsmitarbeitern ist sehr groß. Auch gibt es neben den von Ihnen genannten Vorteilen von Wahlcomputern – Schnelligkeit der Auszählung und Kostenersparnis – noch weitere, nicht zu vernachlässigende Pluspunkte: Vermeidung ungültiger Stimmen, Vermeidung von Auszählungsfehlern und leichtere Stimmabgabe für Behinderte.

Dies alles spricht dafür, dass der Einsatz von Wahlcomputern entsprechend dem § 35 des Bundeswahlgesetzes zu Recht eine Option von mehreren darstellt. Es muss allerdings sichergestellt sein, dass das Wahlgeheimnis gewahrt und Wahlmanipulationen ausgeschlossen sind. Darüber wacht von der technischen Seite her die von Ihnen angesprochene Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), ohne deren eingehende Prüfung nach den Vorgaben der Bundeswahlgeräteverordnung kein Wahlcomputer in Deutschland zum Einsatz kommen darf. Nach einer solchen Prüfung muss das Bundesministerium des Innern über die grundsätzliche Zulassung des Geräts als Wahlcomputer befinden. Bei Bundestags- und Europawahlen muss das Bundesinnenministerium vor jeder Wahl aufs Neue eine Verwendungsgenehmigung aussprechen. Diese wird verweigert, wenn Umstände bekannt werden, die die Sicherheit oder korrekte Funktionsweise fraglich erscheinen lassen. Bei der Vorbereitung der Wahl vor Ort und am Wahltag selber sind schließlich genau vorgeschriebene Verfahrensweisen bei der Bereitstellung der Wahlcomputer einzuhalten, die einen ordnungsgemäßen Verlauf der Wahl garantieren sollen.

Dies zusammen führt meiner Ansicht nach dazu, dass zum Einsatz kommende Wahlcomputer hinreichend manipulationssicher sind und bei Wahlen eingesetzt werden können. Zudem ist bei einem Vergleich der Stimmabgabe mit Hilfe von Wahlcomputern oder mit Hilfe von Wahlzetteln und Wahlurne festzustellen, dass bei der traditionellen Stimmabgabe mit Wahlzetteln und Wahlurne Manipulationen (z.B. Zerstören und/oder Austauschen von Wahlzetteln) durchaus nicht ausgeschlossen sind, und im Gegensatz zu Manipulationsversuchen bei Wahlcomputern keine besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten erfordern.

Ich kann Ihnen, sehr geehrter Herr Werner, versichern, dass die von Ihnen angesprochenen Fragen im Zusammenhang mit dem Einsatz von Wahlcomputern von Regierungsseite aus sehr ernst genommen werden. So wird aktuell geprüft, ob eine Novellierung der Bundeswahlgeräteverordnung notwendig ist, um auf der Grundlage des aktuellen Stands der Technik und den Erfahrungen der letzten Jahre mit dem Einsatz von Wahlcomputern weiterhin eine weitestgehende Manipulationssicherheit sicherzustellen. Auch wird die PTB die weitere Entwicklung auf diesem Gebiet genau beobachten und die gewonnenen Erkenntnisse in ihre Beurteilungen einfließen lassen. Wer aber dennoch Zweifel hat, per Wahlcomputer von seinem Wahlrecht Gebrauch zu machen, dem bleibt die Möglichkeit der Briefwahl.

Zur weiteren Vertiefung empfehle ich Ihnen die Bundestagsdrucksache 16/3600 S. 7-23 unter http://dip.bundestag.de/btd/16/036/1603600.pdf , in der der Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages ausführlich zum Thema „Durchführung der Wahl mittels elektronischer Wahlgeräte“ Stellung bezieht.

Mit herzlichen Grüßen,
Ihre Ulla Schmidt