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Frage von Dr. Bernhard K. •

Frage an Ulla Schmidt von Dr. Bernhard K. bezüglich Gesundheit

Guten Tag,

Wie bekannt, wurde beim EBM 2000+ ein betriebswirtschaftlich kalkulierter Punktwert von 5,11 Ct zugrunde gelegt. In Bremen erhalte ich jedoch von nur 60% meines individuellen, auch eingehaltenen Budgets, lediglich 4,5 Ct, im Bereich darüber 0,21(!) Cent/Punkt. Bei diesem Punktwert erhalte ich z.B. für eine mit 212 € im EBM kalkulerte Darmspiegelung ganz 8,72 €. Im letzten abrechneten Quartal 2/2006 habe ich die 60% Grenze am 19. (= 09.05.) von 53 Arbeitstagen(!) erreicht, in den verbliebenen 34 Tagen habe ich keinen der bis dahin behandelten Patienten mehr kostendeckend behandeln können. Ich komme hier auf einen Stundensatz von rd 20,- € als Betriebseinnahme, wobei allein die Summe der Gehaltskosten meiner Mitarbeiterinnen bereits > 40 € /h betragen - ich muß also für jede Behandlung der Patienten eigenes Geld mitbringen. Die Lösung: Jeden Patienten, der sich anmeldet annehmen (ja, auch die GKV-Pat.) - aber anschließend möglichst nicht weiter behandeln. Ausnahmen: Keineswegs nur Privatpatienten, auch bei "Sonstigen Kostenträgern" Versicherte (z.B. Polizei, Feuerwehr etc) - da hier die erbrachten Behandlungen auch bezahlt werden. Ist meine festgesetzte Obergrenze der Pat.-zahl erreicht (weitere werden de facto nicht honoriert), wird die Praxis geschlossen. Aufgrund der durch die Politik dem Gesundheitssystem entzogenen Finanzmittel bin ich durch nicht einmal kostendeckende Honorierung nun genötigt, jedes Quartal die Praxis etwa 3 Wochen zu schließen. Da ich nicht bereit bin, Operationen, die ambulant durchführbar wären, für 1/24. (!) des wirtschaftlich kalkulierten Preises nicht einmal kostendeckend zu erbringen, werden die Patienten ins Krankenhaus eingewiesen - zu deutlich höheren Behandlungskosten. Wenn Sie Wert darauf legen, daß GKV-Versicherte eine adäquate Behandlung in adäquater Zeit erhalten, müssen Sie auch für eine adäquate Honorierung sorgen. Wie stellen Sie sich eine ideologiefreie Lösung vor?

mfG
Dr. B. Kunst

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Sehr geehrter Herr Dr. Kunst,

vielen Dank für Ihre Schilderungen bezüglich der Vergütungssystematik und Honorarsituation in niedergelassenen Praxen.

Im Kontext der Gesundheitsreform haben wir uns - selbstverständlich völlig ideologiefrei - dem Kern der von Ihnen skizzierten Problematik angenommen. Aus den unterschiedlichsten Gründen treten Verwerfungen bei der Vergütung zwischen Arztgruppen, zwischen Ärzten in verschiedenen Regionen sowie zwischen verschiedenen Arztpraxen auf. Auch problematische Anreizwirkungen - wie von Ihnen plastisch geschildert - sind bekannt.

Verschiedene Regelungen des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes zielen daher darauf ab, diese Verwerfungen abzubauen: die überfällige Angleichung der Vergütungen verschiedener Kassen(-Arten), aber vor allem die umfassende Honorarreform ab 2009. Insbesondere geht künftig das so genannte Morbiditätsrisiko von der Arztpraxis auf die Krankenkassen über. Die Honorarreform für Haus- und Fachärzte löst die Budgets ab, erhöht die finanzielle Planbarkeit in der einzelnen Praxis und durch die gerechten Mittelzuweisungen aus dem Gesundheitsfonds (morbiditätsorientiert und mit vollem Einkommensausgleich) an die Krankenkassen kann das Risiko höherer Krankheitslasten auf die Kassen übergehen.
Die gefundene Lösung bedeutet erheblich mehr Gerechtigkeit in der Vergütung der Ärztinnen und Ärzte und sichert zugleich die Finanzierbarkeit. Erweiterte Möglichkeiten, über Qualität und Menge Verträge abzuschließen, fördern den Wettbewerb zugunsten der Patienten und Versicherten.

Für Detailinformationen zu diesen Themenfeldern sowie zur bereits zum 1.1.2007 erfolgten Flexibilisierung des Vertragsarztrechtes möchte ich sie gerne auf die unsere Homepage www.bmg.bund.de sowie auf www.die-gesundheitsreform.de aufmerksam machen.

Ich bin mir sicher, dass damit die zentralen Planungsprobleme in Ihrer Praxis der Vergangenheit angehören werden.

Zu erinnern ist im Zusammenhang mit der Ärztevergütung daran, dass wir bereits mit der letzten Gesundheitsreform, dem GKV-Modernisierungsgesetz von 2003, eine für die Ärzte gerechtere Honorarsystematik beschlossen und ins Gesetz geschrieben haben. Leider jedoch waren die selbstverwalteten Akteure wegen widerstreitender Interessen nicht in der Lage, die Honorarreform entsprechend den Rahmenvorgaben umzusetzten.

Mit freundlichen Grüßen

Ulla Schmidt