Frage an Ulla Schmidt von Wolf L. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Bundesministerin Frau Schmidt,
bezüglich der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention möchte ich gerne Ihre Meinung zum Artikel 20, insbesondere zur Frage der Verwirklichung des Grundrechtes auf persönliche Mobilität, nachfragen?
Wurde diese Frage zwischenzeitlich schon einmal bezüglich der staatlichen Umsetzung in einen realen Anspruch der behinderten Menschen, in den politischen Entscheidungsgremien erörtert?
Haben Sie eine Vorstellung, wie die betroffenen behinderten Menschen aus dem verbrieften Rechtsanspruch der UN-Konvention, tatsächliche Mobilität trotz der jeweils individuellen Situation erlangen können?
Vielen Dank für Ihre Rückantwort.
Mit freundlichen Grüßen
Wolf Lefèvre
Sehr geehrter Herr Lefévre,
Deutschland hat als einer der ersten Staaten die UN-Behindertenrechtskonvention und das Protokoll vom 13. Dezember 2006 unterzeichnet. Seit der Verabschiedung des Gesetzes zur Ratifikation am 26. März 2009 ist die Behindertenrechtskonvention in Deutschland verbindliches Recht.
Die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Karin Evers-Meyer, hat die Kampagne "alle inklusive! Die neue UN-Konvention" ins Leben gerufen, die im Frühjahr dieses Jahres zu Ende gegangen ist. Insgesamt 22 Verbände haben auf 8 Fachkonferenzen zu spezifischen Themenfeldern, wie z.B. Bildungs- und Gesundheitspolitik, Gleichstellungspolitik, Freiheit- und Schutzrechte, Rehabilitation und berufliche Teilhabe und natürliche auch zum Themenfeld Barrierefreiheit den gesetzgeberischen Handlungsbedarf zur Umsetzung der Konvention ermittelt, der als *"*Nationaler Aktionsplan*"* - zunächst für einen Zeitraum 2010 bis 2020 alle Maßnahmen bündeln soll.
Von zentraler Bedeutung für Menschen mit Behinderungen ist die barrierefreie Mobilität, im öffentlichen Bereich, wie zum Beispiel Schulen, Verwaltungsgebäude und öffentliche Verkehrsmittel, aber auch im privaten Leben, wie etwa dem uneingeschränkten Zugang zu Medien. Da gibt es noch einen großen Handlungsbedarf, für die die Fachkonferenz zur Barrierefreiheit Anstöße zur Umsetzung der in der Behindertenrechtskonvention anerkannten Rechte gegeben hat: so z.B. Erarbeitung von Mindeststandards und Leitlinien zur Zugänglichkeit von Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit zugänglich sind, und zur barrierenfreien Nutzung des Internets. Auch soll sichergestellt werden, dass auch private Anbieter, die Einrichtungen oder Dienste für die Öffentlichkeit bereitstellen, alle Aspekte der barrierefreien Zugänglichkeit berücksichtigen.
Am 1. Juli 2009 wurden alle Ergebnisse öffentlich präsentiert und offiziell dem für die Behindertenpolitik federführend zuständigen Bundesminister für Arbeit und Soziales schriftlich übergeben. Die Ergebnisse und die Broschüre können unter der Internetadresse http://www.alle-inklusive.behindertenbeauftragte.de heruntergeladen oder bestellt werden.
Sie sehen: Wir nehmen die Herausforderung an, vor die uns das Übereinkommen stellt. Es gilt, alle wichtigen gesellschaftlichen Bereiche aus der Perspektive behinderter Bürgerinnen und Bürger zu durchleuchten und Teilhabe konsequent sicherzustellen. Der gesellschaftliche Wandel, der dafür nötig wird, kann allerdings nicht von der Politik allein bewirkt werden. Sie hat ohne Zweifel eine wichtige Rolle zu spielen. Erfolgreich werden wir jedoch nur sein, wenn das Umdenken von vielen Menschen getragen und vorangebracht wird. Die Ratifizierung kann deshalb nicht das Ende der Fahnenstange sein. Sie ist der erste Schritt der Umsetzung des Geistes und der Buchstaben der Konvention in den nächsten Jahren.
Mit freundlichen Grüßen
Ulla Schmidt