Frage an Ulla Schmidt von Jean Robert L. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Schmidt,
die FDP behauptet das bessere Gesundheitsprogramm zur SPD zu haben. Nun hörte ich in der Sendung Monitor vom 13.08.09, das FDP-Gesundheitsprogramm bringt für GK-Versicherte enorme Betragserhöhungen und dass das FDP-Gesundheitsheits- programm nur die Lobby der Ärzte und der Pharmaindustrie unterstützt und für uns versicherten alles verschlechtert. Die Einkommen der Ärzte, diese wurden benannt nach Abzug aller Kosten zwischen 120.000,- bis 180.000,- Euro pro Jahr und eine 11%ige Einkommenssteigerung dieses Jahr. Das ist ja schon fraglich, ob ein solches Einkommen überhaupt gerechtfertigt ist. Nun soll das noch gesteigert werden? Eine Leistungs-Nutzungsberechnung hält das aber m.E. nicht aus. Können Sie mir bitte sagen, ob die o.g. Einkommensverhältnisse so stimmen und was für, mich als GKV, das FDP-Gesundheitsprogramm bringt. Vielen Dank im voraus.
Hochachtungsvoll
Jean Robert Lemoine
Sehr geehrter Herr Lemoine,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage. Zunächst zu den Ärztehonoraren: Die aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass die niedergelassenen Ärzte zwischen 2003 und 2007 einen deutlichen Zuwachs ihrer Reinerträge erzielen konnten. Dieser lag bei 12,7 Prozent. Durchschnittlich haben sich die Reinerträge je Praxisinhaber von 126.000 Euro jährlich auf 142.000 Euro im Jahr 2007 erhöht, bei Umsätzen von 272.000 Euro im Jahr 2003 und 294.000 Euro im Jahr 2007. In diesen Zahlen sind aber die Honorarerhöhungen, welche die Ärzte im Zuge der Honorarreform von den gesetzlichen Krankenkassen in den Jahren 2008 und 2009 erhalten, noch nicht enthalten. Nach aktuellen Schätzungen des Instituts des Bewertungsausschusses ist in Folge der Reform ein Anstieg der Reinerträge je Praxisinhaber im Jahr 2009 auf bis zu 162.000 Euro möglich
Zur FDP: Ich möchte Ihnen gern an einigen wenigen Beispielen deutlich machen, was das Gesundheitsprogramm der FDP für Sie persönlich bedeuten könnte.
Die FDP will die gesetzliche Krankenversicherung in ihrer heutigen Form abschaffen und sie durch eine Versicherungspflicht bei privaten Krankenversicherern ersetzen. Das Leistungsniveau soll dabei auf eine "Grundversorgung" beschränkt sein. Menschen, die sich eine Krankenversicherung nicht leisten können, sollen aus Steuermitteln unterstützt werden. Menschen mit einem "höheren Sicherheitsbedürfnis" sollen sich für einen umfangreicheren Versicherungsschutz entscheiden können. Die Forderung der FDP würde zu einer vollständigen Privatisierung des Krankenversicherungsschutzes führen, mit entsprechenden Folgen: Der Beitrag zur Krankenversicherung würde nicht mehr nach Ihrer individuellen finanziellen Leistungsfähigkeit erhoben, sondern würde sich an Ihrem individuellen gesundheitlichen Risiko orientieren. Wenn Sie chronisch krank sind oder älter, müssten Sie daher deutlich höhere Beiträge als heute bezahlen. Auch Menschen ohne eigenes Einkommen oder Geringverdiener könnten den Beitrag selbst nicht bezahlen und wären auf staatliche Fürsorge angewiesen. In der Schweiz, die ein dem FDP-Vorschlag ähnliches Modell der Krankenversicherung umgesetzt hat, sind rd. 40 Prozent aller Haushalte auf staatliche Zuschüsse zu den Krankenversicherungsbeiträgen angewiesen.
Die FDP will außerdem den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung auf eine "Grundversorgung" reduzieren. Das bedeutet, dass Sie für bisher von der GKV getragene Leistungen wie das Krankengeld oder Zahnbehandlung und Zahnersatz selbst Zusatzversicherungen abschließen müssten und die natürlich selbst bezahlen. Alternativ müssten sich die Menschen privat versichern, was vor allem für ältere Menschen mit extrem hohen, zum Teil untragbaren Kosten verbunden wäre. Viele Menschen würden gar keinen Versicherungsschutz bekommen, weil die privaten Versicherer bei solchen Leistungen keinem Kontrahierungszwang unterliegen, d. h. sie nicht gezwungen sind, Verträge abzuschließen.
Die FDP fordert außerdem "unbürokratisch ausgestaltete Selbstbeteiligungen" für die Versicherten. Sie will "die Anreize so setzen, dass Leistungen verantwortlich in Anspruch genommen werden". Ich lehne eine weitere Ausdehnung der Selbstbeteiligungen ab, weil sie voll zu Lasten der Patienten, chronisch Kranken und Versicherten mit niedrigem Einkommen ginge.
Die derzeit geltenden Selbstbeteiligungen in der gesetzlichen Krankenversicherung sind tragbar und sozial ausgewogen, weil es Regelungen gibt, die bei Menschen mit geringerem Einkommen oder chronisch Kranken eine finanzielle Überforderung verhindern.
Das Modell, das meine Partei, die SPD, anstrebt, ist die Bürgerversicherung - ein Versicherungssystem, in das alle zu gleichen Bedingungen einzahlen. Menschen zahlen für Menschen. Deutschland ist das einzige Land Europas, das sich noch einen geteilten Versicherungsmarkt leistet. Das ist nicht nur unvernünftig, sondern auch ungerecht. Mit einem solidarischen System für alle will die SPD die Finanzierungsbasis stärken, weil wir nur so unser hohes Versorgungsniveau für all diejenigen, die darauf angewiesen sind, auch in Zukunft halten können. Und darum geht es!
Mit freundlichen Grüßen
Ulla Schmidt