Frage an Ulla Schmidt von Harro M. bezüglich Gesundheit
Verehrte Frau Ministerin Schmidt,
In der WamS vom 04.02.2007 Nr. 5 Wissen Seiten 70 und 71 wurde über den Norovirus ausführlich berichtet. Jahre davor über die Vogelgrippe.
Im vorhinein wurden wir kontinuierlich über Wochen auf eine verheerende Epidemie vorbereitet - in beiden Fällen. Dann verstummte die Berichterstattung. - Zugegeben der Norovirus blieb uns etwas mehr in Erinnerung, da problematischer. Auch damals half "konsequente Hygiene - schlichtes Händewaschen beispielsweise ...."
Jetzt nun 2 Jahre später - seit dem Norovirus - gleiches Schema, gleiche Hysterie.
Werden wir vom Kreis der Gesundheitsweisen, vor allem im Hintergrund durch die Lobbys erneut irre gemacht?
Ein monumentales Geldausgeben wird - so scheint es - vorangetrieben. Wem nutzt es hauptsächlich?
Schlussendlich bleiben auch diese Kosten - nicht nur die bisherig irrsten bei der Finanzkrise - an uns Steuerzahler hängen. Die Nutznießer reiben sich nach dem Abflauen der Welle erneut die Hände.
Mehr Sachlichkeit und Objektivität wäre sicher angebracht, anstatt dieser Hysterie im vorhinein.
Wie ist Ihre Position selber?
Grüsse
Harro Maier
Sehr geehrter Herr Maier,
vielen Dank für Ihre E-Mail. Ich vermute dass sich Ihre Frage auf die sog. Neue Grippe bezieht und nehme dazu gerne Stellung. Die Erkrankung verläuft derzeit mild, die wenigen schweren Verläufe traten bei Patienten mit chronischen Erkrankungen auf. Mit Zunahme der Fallzahlen ist allerdings auch mit dem Auftreten schwerer Erkrankungs- oder Todesfälle zu rechnen. Die Erfahrungen der vorangegangenen Pandemien zeigen, dass auf eine schwache erste Welle eine zweite Welle mit mehr schweren Verläufen und einer größeren Zahl an Todesfällen folgen kann. Auf diese Situation muss Deutschland vorbereitet sein. Und deshalb ist es absolut richtig, Vorsorge zu treffen.
Jeder, der geimpft werden will, kann geimpft werden. Die dafür nach dem Grundgesetz zuständigen Bundesländer haben 50 Mio. Impfdosen bestellt. Damit soll vorrangig chronisch Kranken und Schwangeren, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf der Neuen Influenza A(H1/N1) haben, der Impfstoff angeboten werden. Die Impfung ist immer freiwillig. Ebenfalls im ersten Schritt soll auch medizinisches Personal sowie Personal, z. B. der Polizei oder Feuerwehr, das für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist, geimpft werden. Das Bundeskabinett hat am 19. August einer entsprechenden Verordnung zugestimmt.
Um einen ausreichenden Impfschutz zu erreichen, ist eine zweimalige Impfung notwendig. Mit den bisher bestellten Dosen können somit 25 Mio. Menschen geimpft werden. Das entspricht dem Anteil der oben genannten Personen an der Gesamtbevölkerung. Mit der Auslieferung der ersten Impfdosen ist im Herbst 2009 zu rechnen, der Impfstoff kann dann direkt eingesetzt werden. Bis dahin ist das Zulassungsverfahren des Paul Ehrlich-Institut abgeschlossen, in dem sowohl die Wirksamkeit als auch die Verträglichkeit in klinischen Studien geprüft wird.
Zu den Kosten möchte ich abschließend folgendes sagen: Für die gesetzlichen Krankenkassen entstehen auf Basis der o.g. Verordnung und Kosten von 28 Euro je geimpften Versicherten geschätzte Mehrausgaben für 2009 in einer Größenordnung von etwa 0,6 Milliarden Euro. Im Jahre 2010 entstehen bei einer Erhöhung der Impfbeteiligung um jeweils 10 Prozent der Anspruchsberechtigten Mehrausgaben von jeweils 0,2 Milliarden Euro. Die genauen Kosten hängen vor allem vom Inhalt der Impfvereinbarungen zwischen Krankenkassen und Ländern ab. Eine Erhöhung des einheitlichen Beitragssatzes der Krankenversicherung oder Zusatzbeiträge für die Versicherten sind nicht erforderlich, wenn der Staat die Kosten der Impfung für den Fall übernimmt, dass sich mehr als 50 % der Versicherten
- das wären etwa 35 Mio. GKV-Versicherte - impfen lassen. Die maximale Mehrbelastung der GKV für 50 Prozent ihrer Versicherten - verteilt auf die Jahre 2009 und 2010 - läge damit bei 1 Mrd. Euro.
Die Mehrausgaben für die Impfung bewirken durch vermiedene Erkrankungsfälle positive Kosteneffekte, insbesondere eingesparte Behandlungskosten sowie vermiedene Belastungen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und damit des Bruttoinlandsprodukts. Diese positiven Kosteneffekte werden die Mehrausgaben deutlich übersteigen.
Mit freundlichen Grüßen
Ulla Schmidt