Frage an Ulla Schmidt von Martin L. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Schmidt,
warum werden Freiberufler, die sich freiwillig in einer gesetzlichen Krankenkasse versichern, schlechter "behandelt" als Angestellte?
Laut SGB V ( § 240, Absatz 4, Satz 3) besteht für die Krankenkassen bei freiwillig Versicherten keine Rückzahlungspflicht bei zuviel gezahlten Beiträgen. Dagegen dürfen die Krankenkassen aber die Beiträge rückwirkend nach oben anpassen.
Diese etwas seltsame Regelung traf mich jetzt mit voller Wucht! Ich hatte mich vor über einem Jahr selbständig gemacht und wurde aufgrund meines ersten Auftrages viel zu hoch eingestuft. In dem folgenden Jahr 2008 hatte ich nur sehr geringe Einnahmen und musste trotzdem stark überhöhte Beiträge zahlen. Ich dachte, dass mit der Steuererklärung für 2008 mein geringes Einkommen ersichtlich gewesen wäre und die stark überhöhten Beiträge rückwirkend nach unten angepasst, d.h. zurückgezahlt würden. Laut SGB weigerte sich die GKV aber!
Meine Fragen:
- Warum werden Freiberufler als freiwillig vericherte in der GKV schlechter gestellt?
- Wurde das SGB in diesem Punkt vor kurzem zu Ungunsten von Freiberuflern geändert?
Ich freue mich über eine Antwort und bedanke mich sehr herzlich im voraus.
Martin Lohmann
Sehr geehrter Herr Lohmann,
die Verfahrensweise Ihrer Krankenkasse, keine rückwirkenden Beitragserstattungen vorzunehmen, gleichwohl aber zu wenig gezahlte Beiträge nachzufordern, entspricht der geltenden Rechtslage.
Veränderungen der Beitragsbemessung auf Grund eines vom Versicherten geführten Nachweises werden nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam (§ 240 Abs. 4 Satz 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V). Eine rückwirkende Beitragserstattung an den Versicherten gibt es nicht.
Diese Verfahrensweise ist einerseits für die solide Kalkulation des (allgemeinen) Beitragssatzes erforderlich, bei der die voraussichtlichen Beitragseinnahmen der Krankenkassen zusammen mit dem Bundeszuschuss den voraussichtlichen Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung gegenübergestellt werden. Andererseits erlaubt das Steuerrecht den Selbständigen, anders als den Arbeitnehmern, eine gewisse Gestaltbarkeit des Einkommens. Diese steuerrechtlichen Möglichkeiten dürfen sich aber nicht in Form niedrigerer Beiträge auf gesetzliche Krankenversicherung auswirken.
Wurde ein Versicherter in der Vergangenheit hingegen mit zu niedrigen Beiträgen eingestuft, kann die Krankenkasse im Sinne der Solidargemeinschaft, die für etwaige Beitragsausfälle aufkommen müsste, nicht auf diese Einnahmen verzichten.
Den Krankenkassen steht außer dem am Einkommenssteuerrecht ausgerichteten Arbeitseinkommen derzeit kein gesetzlich oder anderweitig geregeltes System der Einkommensermittlung zur Verfügung, das verwaltungsmäßig durchführbar wäre. So scheidet eine objektive Ermittlung des Einkommens Selbständiger ohne die Heranziehung amtlicher Unterlagen der Finanzverwaltung aus. Anders als dieser steht den Krankenkassen weder rechtlich noch organisatorisch ein Instrumentarium zur Verfügung, um die Höhe der Bruttoeinnahmen der Versicherten aus selbständiger Tätigkeit festzustellen.
Aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage kann ich Ihnen aber folgenden Hinweis geben: Da eine Beitragsbemessung auf der Grundlage von in der Vergangenheit erzielten Einkünften in Zeiten eines wirtschaftlichen Abschwungs eine unverhältnismäßige Belastung selbständiger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung darstellen kann, beabsichtigt der GKV-Spitzenverband, der seit Jahresbeginn die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung einheitlich regelt, meiner Kenntnis nach eine Beitragsfestsetzung auch auf der Grundlage eines steuerlichen Vorauszahlungsbescheids zuzulassen.
Deshalb empfehle ich Ihnen die Kontaktaufnahme mit Ihrer Krankenkasse bzw. direkt mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, Mittelstraße 51 in 10117 Berlin.
Darüber hinaus bitte ich Sie, sich bei Fragen, die Sie an mich in meiner Funktion als Bundesministerin für Gesundheit richten, direkt an das Bundesministerium für Gesundheit zu wenden.
Wenn Sie uns schreiben wollen: info@bmg.bund.de
Oder rufen Sie an. Auf der Website des Bundesgesundheitsministeriums www.bmg.bund.de finden Sie die nach verschiedenen Themen sortierten Telefonnummern des Bürgertelefons.
Auch wenn jedes Schreiben an mich auf Abgeordnetenwatch von mir, einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter gelesen wird, kann ich wegen der sehr großen Zahl an Briefen und E-Mails, die ich jeden Tag erhalte, nicht alle persönlich beantworten. Dafür bitte ich Sie um Verständnis.
Mit freundlichen Grüßen
Ulla Schmidt