Frage an Ulla Jelpke von Bernd H. bezüglich Frauen
Schönen guten Tag, Frau Jelpke!
Ich habe heute auf der Homepage ihrer Partei den Artikel über die Gleichstellung von Frauen gelesen, in dem stand, das Frauen in Deutschland im Durchschnitt ein Viertel weniger als Männer- bei gleicher Qualifikation verdienen!
Dazu stellt sich mir eine Frage!
Wenn doch in der seit 1948 bestehenden "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte" unter Art. 23, Abs. 2 steht,: (2) Jeder, ohne Unterschied, hat das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.
Und wenn doch die Bundesrepublik Deutschland seit dem 18.09. 1973 Mitglied der Vereinten Nationen ist, und sich dadurch zu der Einhaltung dieser einfachen 30 Artikel verpflichtet hat, frage ich mich doch, wie es sein kann, daß in diesen fast 36 Jahren kein Gesetz erlassen wurde, das diese permanente und eindeutige Menschenrechtsverletzung unter Strafe stellt!!!!
Können Sie mir diese Frage beantworten?
Freundliche Grüße!
Bernd Hartmann
Sehr geehrter Herr Hartmann,
Die vorhandenen Rechte von Frauen auf eine gleiche Bezahlung ihrer Arbeit ist sogar noch weitergehender, als Ihre Frage nahelegt. Schon der Vertrag über die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft von 1957 (einer der "Römischen Verträge") schrieb den Unterzeichnerstaaten gleichen Lohn nicht nur für gleiche, sondern auch für gleichwertige Arbeit vor. Was hier zunächst vor allem als Zielbestimmung beschrieben war, wurde dann von allen diesbezüglichen Verträgen und Vereinbarungen auf europäischer Ebene fortgeschrieben.
Heutzutage geht es ja vor allem um indirekte Formen der Diskriminierung, wie sie sich oft hinter tariflichen oder betrieblichen Regelungen zur Arbeits- und Leistungsbewertung verstecken; Kassierinnen im Supermarkt verdienen deshalb weniger als ihre Kollegen Lagerarbeiter, obwohl sie einen mindestens genauso anstrengenden Job machen. Generell werden die psychischen Belastungen von Tätigkeiten mit Kundenkontakt - klassische "Frauenarbeit" schlicht bestritten, nur klassische, physische "Männerarbeit" gilt als "echte" Arbeit und wird entsprecht bewertet und entlohnt. Die rechtlichen und gesetzlichen Möglichkeiten sind schon vorhanden, um die Diskriminierung von Frauen im Berufsleben und bei der Entlohnung zu beenden. Aber wie so oft hinkt die Wirklichkeit hinter der Gesetzeslage hinterher. So gelingt es dann nur einzelnen Frauen mit Klagen vor Gericht, diskriminierende Entgeltsysteme oder Bewertungsverfahren zu Fall zu bringen. Gerade an dieser Stelle könnte der Gesetzgeber viel mehr tun, um die Betroffenen zu unterstützen. So hat die Linksfraktion im Bundestag in ihrem Antrag "Entgeltgleichheit zwischen den Geschlechtern durchsetzen" u.a. gefordert, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz an europäische Mindestanforderungen anzupassen und verfahrensrechtliche Erleichterungen zu schaffen. Dazu gehört zum Beispiel ein verbessertes Verbandsklagerecht oder die Umkehr der Beweislast: der Arbeitgeber müsste dann beweisen, dass seine Regelungen nicht diskriminierend sind. Daneben fordern wir auch eine bessere Unterstützung im Vorfeld von Diskriminierungsklagen, um die Hemmschwelle zu senken, die eigenen Rechte einzuklagen.
Neben diesen Forderungen zur Verbesserung des Rechtsschutzes fordert DIE LINKE.:
- einen gesetzlichen Mindestlohn: wo es einen Mindestlohn gibt, nimmt der Abstand zwischen Männer- und Frauenlöhnen ab
- die gesetzliche Verpflichtung der Tarifpartner auf diskriminierungsfreie Tarifverträge;
- ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft sowei kürzere Arbeitszeiten und eine insgesamt familienfreundlicher Arbeitswelt, denn von einer gerechteren Verteilung der Arbeit zwischen den Geschlechtern profitieren alle.
Mit freundlichen Grüßen,
Ulla Jelpke