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Frage von Reinhard P. •

Frage an Ulla Jelpke von Reinhard P. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Jelpke,
in der Anfrage zum Völkermord an den Armeniern fordern Sie von der Bundesregierung eine kritische Betrachtung des Pfarrers Johannes Lepsius. Sie verweisen dabei zu Recht darauf, dass Lepsius zwar den Völkermord publik machte, andererseits aber nationalistische und antidemokratische Ziele verfolgte.
In diesem Zusammenhang bezeichnen Sie Lepsius als Manipulator, weil er Hinweise auf die deutsche Mitverantwortung am Völkermord aus den vom ihm editierten Akten in einer 1919 verantworteten Publikation verschwinden ließ.
Wie kommen Sie darauf, dass Lepsius für die Manipulationen verantwortlich war?
Ich weiß, dass er verantwortlicher Herausgeber war, allerdings wird von kompetenter Seite gesagt, er habe die Manipulationen nicht erkannt. Nur Cem Özgönül behauptet das.
»Der Turkologe und Historiker Hans-Lukas Kieser von den Universitäten Bamberg und Zürich warf Özgönül ein folgenschweres gravierendes Fehlurteil vor. Er wies darauf hin "dass der Hauptbefund des Vergleiches zwischen Originaldokumenten und der Lepsiusausgabe von Özgönül übergangen wird, nämlich derjenige, dass die Veränderungen zum allergrößten Teil vom Auswärtigen Amt vorgenommen wurden", das daran interessiert gewesen sei, die deutsche Mitverantwortung am Völkermord zu verwischen. "Insofern irrt sich Özgönül schlicht im Adressaten".«
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Cem_%C3%96zg%C3%B6n%C3%BCl
Beleg: http://www.3sat.de/kulturzeit/themen/91318/index.html
Auch der angesehene Journalist Wolfgang Gust hat festgestellt, das die fraglichen Akten vom Auswärtigen Amt und nicht von Lepsius manipuliert wurden.
Quelle: http://www.wolfgang-gust.net/armenocide/gusthome.nsf/d3cb8075f11223b4c12572ef004f2e81/ed52cce03a95ec2cc125730600658b57?OpenDocument
Beleg: http://www.armenocide.de/armenocide/armgende.nsf/GuidesView/MagischesViereckDe?OpenDocument
Nur der Mathematikstudent Cem Özgönül behauptet, Lepisus habe die Manipulationen selbst vorgenommen. Reicht Ihnen das?
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Pohl

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Pohl,

Als zu Ende des ersten Weltkrieges damit zu rechnen war, dass die deutsche Mitwirkung oder Zustimmung zum türkischen Völkermord an den Armeniern bei den Pariser Friedensverhandlungen zur Sprache kommen werde, beauftragte das Auswärtige Amt Johannes Lepsius mit der Herausgabe von Dokumenten, die diesen Vorwurf entkräftigen. Die dann von Lepsius 1919 herausgegebenen Dokumente "Deutschland und Armenien 1914-1918" waren durch Auslassungen und Fälschungen so manipuliert worden, dass eine deutsche Mitverantwortung am Völkermord vertuscht wurde. Lepsius gab seinen guten Namen für die Aktenpublikation her und übernahm im Vorwort der Dokumentation"Deutschland und Armenien 1914-1918" ausdrücklich die alleinige Verantwortung "für die Zuverlässigkeit des Bildes", das die Akten "von der Haltung der deutschen Regierung in der Behandlung der armenischen Frage geben" und damit auch für die Fälschungen, soweit er sie erkannt hatte. Da Lepsius die Hintergründe und das Aktenmaterial gut kannte, ist davon auszugehen, dass er die Manipulationen durchschaute. Dennoch hat er sie - offenbar vor dem Hintergrund seiner deutschnationalen Gesinnung - gedeckt. Darauf bezieht sich mein Vorwurf. Eine kritische Betrachtung der Rolle von Lepsius erscheint mir notwendig, um eben gerade nicht den türkischen Genozidleugnern auf den Leim zu gehen.

Mit freundlichen Grüßen,

Ulla Jelpke