Frage an Ulla Jelpke von T. H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr H.,

in Afghanistan herrschen weiterhin Krieg und Terror, die Sicherheitslage im ganzen Land verschlechtert sich fortwährend. Allein von Januar bis Oktober 2019 wurden fast 7.500 Zivilistinnen und Zivilisten durch Kriegshandlungen in Afghanistan verletzt oder getötet. Untersuchungen haben zudem bestätigt, dass nach Afghanistan Abgeschobene Gewalt, Hunger und Verfolgung ausgesetzt sind.

Menschen in ein Land abzuschieben, in dem ihnen Gefahr für Leib und Leben droht, ist daher in meinen Augen weder mit humanitären Grundsätzen noch mit Verpflichtungen des Flüchtlingsschutzes vereinbar.

Es trifft zudem nicht zu, dass nur Personen, die schwere Straftaten begangenen haben, also etwa Mörder und Vergewaltiger, nach Afghanistan abgeschoben werden. Beispielsweise werden auch Flüchtlinge abgeschoben, die nach Meinung der Behörden nicht ausreichend an der Beschaffung von Papieren mitgewirkt haben.

Wer in Deutschland Straftaten begeht, muss dafür büßen. Doch sollte ein Straftäter hier in Deutschland bestraft werden. Eine Doppelbestrafung - durch Haft in Deutschland und anschließende Abschiebung, noch dazu in ein Land, in dem akute Lebensgefahr droht, halte ich aber für unzulässig.

Es ist zudem zu befürchten, dass Abschiebungen vorerst nur von Straftätern und Personen, die an ihrer Identitätsfeststellung nicht ausreichend mitgewirkt haben, nur der Türöffner sind, um in Zukunft auch weitere Personengruppen in das Kriegsland Afghanistan abzuschieben.

Viele Grüße,
Ulla Jelpke