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Frage von Elisabeth H. •

Frage an Ulla Jelpke von Elisabeth H. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Jelpke,

in der Bild sagte die Grünen-Chefin Peter folgendes:

BILD: Sind Sie wie die Linke für unkontrollierte Zuwanderung aus anderen EU-Ländern?

Peter: „Wir fordern keine unbegrenzte, sondern fair geregelte Zuwanderung. Dank der Freizügigkeit kommen dringend benötigte Fachkräfte. Von massenhafter Armutszuwanderung kann nicht die Rede sein. Allerdings gibt es Armut und Diskriminierung in Europa. Das muss mit unserer Unterstützung vor Ort bekämpft werden. Da haben CDU und auch CSU in den letzten acht Jahren die Hände in den Schoß gelegt.“
Zitat Ende.

Worin besteht Ihrer Meinung nach der Unterschied zwischen der Einwanderungspolitik der Linkspartei und der Grünen?

Wie man in diesem Beitrag sah, kam ein ganzes Dorf nach Berlin:

http://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/sendung/swr/2013/rumaenien-fantanele-100.html

Warum ist die Politik nicht so ehrlich und sagt: " Das ist der Preis für Europa"?

Vielleicht wäre es mal an der Zeit, die Bevölkerung zu fragen, ob sie noch mehr solche Zuwanderung und noch mehr EU-Staaten möchte, die aus meiner Sicht nicht EU-reif sind. Was meinen Sie dazu?

Von 240.000 neuen Stellen sollen in diesem Jahr laut diesem Bericht nur 37.000 neue Stellen an Arbeitslose, aber der Großteil an Zuwanderer gehen:
http://www.rp-online.de/wirtschaft/auch-2014-wird-es-keinen-job-boom-geben-aid-1.3708096

Ich finde es nicht gut, dass man sich in Deutschland damit abgefunden hat, dass manche Menschen offensichtlich keine Chance auf einen Arbeitsplatz haben. Finden Sie so eine Entwicklung für gut? Wenn die eigenen Arbeitslosen abgeschrieben sind?

Worin besteht der Unterschied zwischen "Armutszuwanderer" und Arbeiter? Für die Stelle die ein Zuwanderer bekommt, müssen wir doch einen hier lebenden Menschen mit Sozialhilfe ausstatten, wenn er die offene Stelle nicht bekommt, oder?

Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Huber

Portrait von Ulla Jelpke
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Frau Huber,

haben Sie Dank für Ihre Fragen, die ich Ihnen zusammenfassend gerne beantworte.

Aus Ihren Fragen spricht eine äußerst kritische Haltung gegenüber der Einwanderung von EU-Bürgern in die Bundesrepublik. Wie so häufig in Debatten um Einwanderungspolitik verbinden sich dabei zwei Haltungen, die eigentlich in Widerspruch zueinander stehen: einerseits finden Sie anscheinend, die Menschen kämen nur hierher, um Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen, andererseits bemängeln Sie, dass Deutsche keine Arbeit mehr bekämen. Beides ist falsch.

Wie kaum ein anderes Land hat Deutschland von der Freizügigkeit in der EU profitiert - durch massive Überschüsse beim Export von Waren in die anderen EU-Staaten, durch die Expansion von deutschem Kapital nach Süd- und Osteuropa (einhergehend mit der Verlagerung von Produktionsstandorten und Arbeitsplätzen), durch erfolgreiches Anwerben von Arbeitskräften, die in Deutschland Steuern und Sozialabgaben zahlen und erheblich zur Stabilisierung der Sozialen Sicherungssysteme und der Rente beitragen.

Nun kommen ein paar Menschen, deren Anwesenheit sich nicht unmittelbar bezahlt macht, und gleich gibt es einen Aufschrei in Politik und in Teilen der Bevölkerung.

Das Problem sind aber nicht die Einwanderer, sondern das zentrale Problem ist und bleibt die ungleiche Verteilung des Reichtums innerhalb der Gesellschaft. Selbstverständlich haben nicht alle gleich von den Errungenschaften der Europäischen Union profitiert - wenige konnten ihre Profite steigern, indem sie Konkurrenten aus dem EU-Ausland aufgekauft haben oder ihre Produktion dorthin verlagert haben, viele andere haben ihren Job und damit ihre Existenzgrundlage verloren. Während an Investitionen in das Bildungssystem gespart wird, wirbt das Kapital Fachkräfte und Hilfsarbeiter im Ausland an.

Das Problem sind also nicht die Einwanderer, sondern das Problem ist ein Wirtschaftssystem, dass immer größeren Reichtum für wenige und Armut für immer mehr produziert. Arbeiter und Armutsmigranten sollten sich deshalb nicht in Konkurrenz zueinander setzen lassen, sondern solidarisch für eine bessere gemeinsame Zukunft streiten.

Viele Grüße,

Ulla Jelpke