Frage an Ulla Jelpke von Kanstansin K. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Jellpke, liebe Genossin,
der Coup den Herr Genscher mit eingefädelt haben soll, ist nicht unbedingt
unumstritten. Natürlich freue auch ich mich für Herr Chodorkowski, aber in einigen Kommentaren gab es auch nachdenklichere Töne, wenn ich das richtig interpretiere.
Auch steht im Wikipedia-Eintrag über Herr C. dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte feststellte, dass es sich bei Herr C. nicht um einen politisch Gefangenen handelt.
Ist es richtig dass Herr Chodorkowski dem russischen Volk hunderte von
Millionen Dollar "gestohlen" hat? Oder ist das nur eine Erfindung der russischen Administration?
Mir ist nicht bekannt, dass sich unsere Partei groß für Häftlinge einsetzt,
die nur wegen schwarz fahrens einsitzen oder weil sie ihre Geldstrafe nicht
bezahlen konnten. Warum setzen Sie sich z.B. nicht offensiv für Menschen
ein, die eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen müssen, nur weil sie ihre Geldstrafe nicht bezahlen können?
Soll es nur Freiheit für Reiche geben?
Und warum behandelt man Herrn Snowden nicht wie Herrn Chodorkowski?
Mit freundlichen Grüßen
Kanstansin Kavalenka
Hallo Kanstansin Kavalenka,
vielen Dank für Ihre Frage.
Auf ehrliche Weise ist Chordowski gewiss nicht zu seinem unermesslichen Reichtum gekommen. Ebenso wie andere russische Oligarchen hat sich der ehemalige Komsomol-Funktionär in schamloser Weise am früheren Volksvermögen bereichert, während Millionen Russen nach dem Ende der Sowjetunion in bitterste Armut zurückgeworfen wurden. Dass Hans-Dietrich Genscher, der frühere Außenpolitiker der bekanntlich besonders den Kapitalinteressen verpflichteten FDP die Freilassung Chordowskis eingefädelt hat, darf uns ebenso wenig erstaunen, wie die Weigerung der alten und neuen Bundesregierung, dem Whistleblower Edward Snowden ein gesichertes Asyl zu bieten. Chordowski kann sich als einer der ihren hier auf die internationale Solidarität der Kapitalistenklasse verlassen. Chordowskis Profite auf Kosten der russischen Massen erscheinen dieser Klasse nicht als Verbrechen sondern als Verdienste. Dagegen hat Snoweden das „Verbrechen“ begangen, nicht nur die millionenfachen Spitzelleien des US-Geheimdienstes NSA sondern auch die peinliche Unterwürfigkeit der Bundesregierung gegenüber dem „Big Brother“ aufzudecken.
Selbstverständlich sollte es Freiheit nicht nur für die Reichen geben. Eine derartige Klassenjustiz muss von uns aufgezeigt und kritisiert werden. Im Rahmen ihrer justizpolitischen Reformvorschläge tritt DIE LINKE übrigens dafür ein, Ersatzfreiheitsstrafen in gemeinnützige Arbeit umzuwandeln.
mit freundlichen Grüßen,
Ulla Jelpke