Frage an Ulla Jelpke von Stefan P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Jelpke,
ich begrüße es außerordentlich, daß anscheinend mehr als die Hälfte Ihrer Fraktion der Rede des Papstes im Bundestag fernbleiben wollen. Angeblich werden die freigewordenen Plätze anderweitig aufgefüllt.
Glauben Sie nicht, daß sich der Protest potenzieren würde, wenn alle papstkritischen Abgeordneten Ihrer Fraktion unmittelbar bei Beginn der Rede des Papstes den Saal verlassen würden?
Ist das verboten? Gäbe es disziplinarrechtliche Folgen? Ordnungsgelder? - in welcher Höhe?
Ich freue mich auf Ihre Antwort.
Mit freundlichem Gruß
Stefan Pahl
Sehr geehrter Herr Pahl,
vielen Dank für Ihre Anfrage bezüglich der Papstrede im Bundestag. Ich gebe Ihnen natürlich Recht, dass ein kurzfristiges Verlassen der Plätze im Plenarsaal sehr viel effektvoller und medienwirksamer wäre. Eine solche Aktion wird dennoch nicht stattfinden, die Mehrheit meiner Fraktion hat sich entschlossen, der Rede des Papstes aus Protest fernzubleiben. Die meisten meiner Kolleginnen und Kollegen sind wie ich der Meinung, dass ein Kirchenoberhaupt im Bundestag nichts zu suchen hat. Ich bin der Überzeugung, dass die LINKE hier mit einer klaren Positionierung nur gewinnen kann. Und diese linke Position muss heißen: Die strikte Trennung von Staat und Kirche.
Diejenigen von uns LINKE-Abgeordneten, die die morgige Papstrede boykottieren, haben jedoch leider keinen Einfluss und keine rechtliche Handhabe, dass unsere leeren Sitzplätzen im Plenarsaal mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bundestagsverwaltung besetzt werden. Das heißt, es ist gut möglich, dass auch die Reihen der Linksfraktion gefüllt sein werden.
Das Fernbleiben an sich wird keine rechtlichen Folgen für uns haben. Anders sähe es aus, würden wir eine Protestaktion planen - zum Beispiel, wenn wir inmitten der Papstrede mehrheitlich den Saal verließen. Dann können disziplinarrechtliche Schritte gegen die gesamte Fraktion eingeleitet werden. Das wollten wir, die Papstkritiker der Fraktion, vermeiden.
Ich werde daher morgen nicht im Plenum sitzen, wenn der Papst spricht, sondern meinen Protest auf der zeitgleich stattfindenden Anti-Papst-Demonstration "Not welcome" gemeinsam mit zehntausendenden Kirchenkritikern auf die Straße tragen.
Mit freundlichen Grüßen
Ulla Jelpke