Frage an Ulla Jelpke von Stefhan W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Genossin,
ich danke Dir für die fixen Antworten.
Allerdings glaube ich Dir nicht, dass Du mit dem Begriff "Islamfaschismus" nichts anzufangen weißt. Ich empfehle Dir zur Lektüre die Veröffentlichung Nr. 92/05 der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages mit dem gleichnamigen Titel.
Anders aber als noch der Autor jenes Beitrags aus dem Jahre 2005 halten viele im linken Lager die Zeit mittlerweile reif für die Verwendung dieses Begriffs und die Aufnahme des Widerstandes auch gegen "Islamfaschisten" und ihre ideologischen Unterstützer.
Denn das Hauptargument gegen die Verwendung dieses Begriffs, nämlich dass keine rassistische Ideologie vorliege, ist längst widerlegt. Der gemeine Islamfaschist ist nämlich leicht daran zu erkennen, dass er in einem ersten Schritt aus der bloßen Religionszugehörigkeit zum Islam eine Rasse macht, um in einem zweiten Schritt die Gewalt, die sich gegen die "Rasse" der Muslime richte, als rassistisch motiviert anzuklagen. Damit macht er die Moslems zu einer Rasse sui generis und nimmt denen, die keine Lust mehr haben, Moslem zu sein, das Menschenrecht der Apostasie, denn von einer Rasse kann man sich denklogisch nicht lossagen, i.e. sie bleiben Moslems bis zum Tod!
Der Islamfaschist macht die "Rasse Moslem" also zum unveränderlichen Abstammungsmerkmal als Ab- und Ausgrenzungskriterium.
Ich frage Dich, Genossin:
1. Ist der Islam für Dich eine Rasse? Du sprichst z.B. von "rassistischer Kampagne gegen Muslime" (s. Deine Antwort auf Frage 1) und fragst "nach rassistisch motivierten Straftaten" gegen Muslime (s. Deine Antwort auf Frage 3).
2. Wenn nein: Welchen Sinn haben dann Deine Formulierungen?
3. Besteht hier nicht eh ein Widerspruch zu Deinem eigenen Antrag Nr.17/4036, mit dem Du das Ziel verfolgst, das Wort "Rasse" gänzlich aus der dt. Rechtsordnung und internationalen Dokumenten zu streichen?
4. Könntest Du Dir vorstellen, den Kampf gegen den Islamfaschismus zu unterstützen?
Mit sozialistischem Gruß
Stefhan Wagenknecht
Sehr geehrter Herr Wagenknecht,
auch wenn ich stark vermute, dass Ihre Fragen rein provokativen Charakter haben, werde ich sie auch diesmal beantworten.
1. Ist der Islam für Dich eine Rasse? Du sprichst z.B. von "rassistischer Kampagne gegen Muslime" (s. Deine Antwort auf Frage 1) und fragst "nach rassistisch motivierten Straftaten" gegen Muslime (s. Deine Antwort auf Frage 3).
Ich lehne den Begriff „Rasse“ für menschliche Gruppen generell ab. Völlig unsinnig ist dieser Begriff im Bezug auf Religionsgemeinschaften. Das gilt für Muslime ebenso wie für Juden oder Christen.
2. Wenn nein: Welchen Sinn haben dann Deine Formulierungen?
Der Islam-Hass ist heute für viele auch sich selbst als links einschätzende Menschen (Sie scheinen auch dazuzugehören) eine Art „politisch korrekter Rassismus“. Es ist aber leider so, dass Rassisten gerne von Muslimen reden, wenn sie konkret türkische oder arabische Migranten meinen. Die Muslim-Keule wird dabei gegen strikt laizistisch eingestellte türkische Anhänger Atatürks ebenso geschwungen wie gegen gläubige Muslime.
3. Besteht hier nicht eh ein Widerspruch zu Deinem eigenen Antrag Nr.17/4036, mit dem Du das Ziel verfolgst, das Wort "Rasse" gänzlich aus der dt. Rechtsordnung und internationalen Dokumenten zu streichen?
Einen Widerspruch kann ich hier nicht erkennen. Rassismus ist eine Ideologie, die eben von der Existenz von Rassen ausgeht, diese konstruiert, ihnen bestimmte Eigenschaften und eben auch Wertigkeiten zuschreibt. Ansonsten verweise ich auf die Antworten auf Ihre vorangegangenen Fragen.
4. Könntest Du Dir vorstellen, den Kampf gegen den Islamfaschismus zu unterstützen?
Ich lehne den unwissenschaftlichen Kampfbegriff Islamfaschismus ab, der von neokonservativen Kreisen geschaffen wurde, um die Kriege gegen Irak, Palästina, Afghanistan und vielleicht demnächst Iran zu legitimieren. Allerdings unterstütze ich seit langem beispielsweise die iranische Arbeiter- und Frauenbewegung, die sich für einen demokratischen und laizistischen Iran einsetzt, aber Krieg und Embargo gegen den Iran ablehnt. Ebenso trete ich allerdings für das Recht eines jeden Moslem in Deutschland ein, seinen Glauben frei auszuüben.
mit besten Grüßen,
Ulla Jelpke