Frage an Uli Grötsch von Anneliese K. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Grötsch,
wie kann es sein, dass eine Arbeitsministerin der SPD die ohnehin knappen Mittel der Alleinerziehenden noch weiter kürzt. (Bei Besuchen des weiteren Elternteils) soll die Harz4-Leistung pro Tag gekürzt werden. Hier kann man nur sagen: "Quo Vadis SPD". Genügt es nicht, dass der Brionikanzler Schröder die Arbeitnehmer und die gesamte Mittelschicht weggewirtschaftet hat, wir in Deutschland gegenüber anderen westlichen Staaten in der EU das niedrigste Rentenniveau haben. Im reichen Deutschland müssen die Menschen zur Tafel um überleben zu können. Die Mütterrente für die Arztgattin wird aus der Rentenkasse bezahlt. Die reiche Kfz- Branche wird subventioniert. Die SPD war einmal eine Partei des Volkes. Und wir werden sehen, was die nächste Wahl noch bringt. Wohin wollt Ihr eigentlich?
Sehr geehrte Frau Kreiner,
vielen Dank, dass Sie sich mit Ihrer Frage an mich wenden. So habe ich die Chance, das Missverständnis aufzulösen, denn wir sind in dieser Großen Koalition angetreten, um mit einer SPD-Arbeitsministerin wesentliche Besserungen für sozial Schwächere zu bewirken.
Nicht die SPD, sondern das Bundessozialgericht hat mehrfach entschieden und geregelt, dass die Grundsicherungsleistungen für Kinder, deren Eltern getrennt leben und sich das Umgangsrecht teilen, auf beide Haushalte aufzuteilen sind. Die Bewilligung und Berechnung der Leistungen im Haushalt eines ALG II-Beziehenden ist heute schon unabhängig von den finanziellen Verhältnissen des anderen Elternteils. Das ist bereits heute Rechtslage, hier ändert sich entgegen der Medienberichterstattung nichts!
In der öffentlichen Wahrnehmung entstand der Eindruck, dass dadurch Leistungen gekürzt würden, weil bei Abwesenheit des Kindes bei einem Elternteil nur der anteilsmäßige Regelbedarf des Kindes ausgezahlt wurde. Allerdings handelt es sich dabei nicht um eine Kürzung, sondern rein um eine Aufteilung des zustehenden Regelsatzes zwischen beiden Elternteilen.
Problematisch war - und nur daran setzt der Reformvorschlag unserer Bundesministerin Andrea Nahles an - die daraus entwickelte Praxis in den Jobcentern. Die komplizierten Berechnungen der Regelbedarfsaufteilung führten zu umfangreichen Bescheiden mit teilweise über 60 Seiten! Denn Eltern mussten im Voraus für den kompletten Bewilligungszeitraum von meist sechs Monaten tage-, datums- und teilweise stundengenau angeben, wann sich das Kind bei welchem Elternteil befindet. Selbst das Bundessozialgericht hat eine „nicht verwaltungsfreundliche Lösung“ eingeräumt.
Hier und nur hier setzt das 9. SGB II-Änderungsgesetz an. War bisher die Verteilung auf die Elternhaushalte zum Teil sogar von der Anzahl der aufwändig zu ermittelnden Stunden des Aufenthalts beim jeweiligen Elternteil abhängig, sind künftig lediglich übereinstimmende Erklärungen der Eltern über die Summe der Aufenthaltstage erforderlich. Die bisherige kalendarische Zuordnung wird abgeschafft. Diese Prognose muss nur noch monatsweise vorab übermittelt werden, um bereits für diesen Monat vorläufig den berechneten Anteil an die Eltern auszahlen zu können. Machen die Eltern keine übereinstimmenden Erklärungen, werden die Tage danach verteilt, bei welchem Elternteil sich das Kind zuerst am jeweiligen Tage aufgehalten hat. Selbst in strittigen Fällen lassen sich mit diesem klaren Zuordnungskriteriums die Anwesenheitstage eines Kindes relativ leicht auf die Elternhaushalte aufteilen.
Die Regelung geht für Eltern zudem mit weiteren Vereinfachungen einher. Im Vergleich zu vorher werden in Zukunft Einkünfte der Kinder wie Kindergeld oder Unterhalt einfacher aufgeteilt. Zudem werden Zuständigkeiten geklärt, insbesondere wenn die Eltern im Bereich unterschiedlicher Jobcenter wohnen. Außerdem gibt es eine klare Regelung für die Zuordnung des Regelbedarfs, wenn ein Kind sich zeitweise (beispielsweise Klassenfahrt) bei keinem Elternteil aufhält.
Das Resultat sind kürzere und für die Eltern verständlichere Bescheide und für die Verwaltung der Jobcenter erhebliche Effizienzgewinne.
Zur Information:
Zusätzliche Mehrbedarfe sind bereits heute möglich. Die im Zusammenhang mit der Aufteilung der Leistungen für Kinder oft erhobene Forderung nach Anerkennung eines zusätzlichen Bedarfs für getrennt lebende Eltern, ist bereits mit den heute gültigen Regelungen gelöst. Nach den aktuellen Vorschriften sind die Übernahme zusätzlicher Leistungen bei beiden Elternteilen - also dem normalerweise sorgeberechtigten und dem umgangsberechtigten Elternteil - möglich. Dies umfasst:
- Einrichtungsgegenstände für das Kind (z. B. zusätzliches Kinderbett inklusive Bettwäsche),
- zusätzliche Fahrtkosten der Elternteile oder des Kindes,
- erhöhte Mieten aufgrund einer durch den Aufenthalt des Kindes erforderlichen größeren Wohnung und
- andere Sonderbedarfe.
Sehr geehrte Frau Kreiner,
ich gehöre zu den SPD-Abgeordneten, die angetreten sind, um die damaligen Rentenreformen wieder neu zu beleuchten. Ich sage ganz klar: Die Rente mit 67 war und ist ein Fehler. Über diese und weitere Fragen möchte ich mich gerne auch persönlich mit Ihnen austauschen. Dazu lade ich Sie gerne in mein Bürgerbüro ein.
Mit freundlichen Grüßen, auch an Klaus!
Ihr
Uli Grötsch