Wie stehen Sie zum Volksentscheid „Deutsche Wohnen enteignen“, über den am 26.09.21 in Berlin abgestimmt werden soll?
Sehr geehrte Frau Radziwill,
Kritiker des Volksentscheids wenden ein, dass im Falle einer tatsächliche umgesetzten Enteignung Entschädigungen Milliardenhöhe fällig würden, weswegen mich Ihre Antwort auf folgende Teilfragen interessieren würde:
1. Teilen Sie die Ansicht der Befürworter der Enteignung, dass die Entschädigungen langfristig aus den Mieteinnahmen bezahlt werden könnten?
2. Wie würden Sie im Abgeordnetenhaus über ein von den Initiatoren beabsichtigtes Enteignungsgesetz abstimmen?
3. Glauben Sie, dass so ein Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand hätte?
Mit freundlichen Grüßen
Florian Kichler
Sehr geehrter Herr K.
ich setze mich seit langer Zeit für bezahlbare Mieten ein. Schon 2009 habe ich die Bundesmietpreisbremse gefordert. Aktuell setze ich mich für mehr Milieuschutz, einen bundesweiten Mietendeckel, für die strikte Ahndung von Zweckentfremdung, eine aktive Vorkaufspolitik, Rekommunalisierung und Neubau von bezahlbaren Wohnungen ein. Das Ziel der Initiative, alle Unternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen zu vergesellschaften, halte ich nicht für zielführend und unterstütze ich nicht.
Ich bin schon der Auffassung, dass das Grundgesetz es hergibt, Vermieter, die sich nicht an elementare Grundregeln halten, im äußersten Fall zu enteignen. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages schreibt hierzu: "in der Praxis kam die Vergesellschaftung bislang in keinem Fall zur Anwendung". Daher kann diese Frage final noch nicht beantwortet werden von mir. Wenn der Volksentscheid allerdings zu Gunsten der Initiative ausfällt, muss sich der neue Senat mit einem solchen Gesetz befassen. Hier werden verfassungsrechtliche Fragen geklärt werden müssen.
Mit herzlichen Grüßen
Ülker Radziwill