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Udo Schiefner
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Frage von Egon S. •

Frage an Udo Schiefner von Egon S. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Schiefner,

für die Grenzregion Viersen ist der bisher unkomplizierte Grenzverkehr mit den Niederlanden gelebtes Europa in der täglichen Praxis.
Wahlkampfaussagen unserer CDU-Bundeskanzlerin ließen seinerzeit nicht erwarten, dass es mit ihr je eine PKW-Maut geben wird. Nun haben Sie, als SPD-Abgeordneter für den Kreis Viersen, dem zu erwartenden Bürokratiemonster zugestimmt; warum?
Ihr CDU-Kollege Schummer nahm an der Abstimmung nicht teil.

Damit ich Ihre Pro-Maut-Entscheidung nachvollziehen kann, bitte ich Sie, mir Ihre Beweggründe mitzuteilen.

Mit freundlichem Gruß

Egon Strommenger

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Strommenger,

Sie haben kritisiert, dass ich der Pkw-Maut zugestimmt habe. Wie Sie, erinnere mich gut an die Aussagen der Kanzlerin zur Maut. Nun sind es aber die Kanzlerin und ihre Parteien, die uns die Maut bescheren.

Als Vertreter einer Grenzregion hätte ich hinreichend Gründe gehabt, der Maut nicht zuzustimmen. In einer Koalition erwarte ich jedoch von allen Partnern, dass sie sich an Verabredungen halten. Die Zustimmung zum von uns durchgesetzten gesellschaftspolitisch viel tief greifenderen Mindestlohn zum Beispiel ist vielen auf der Unionsseite sehr schwer gefallen. Sie haben aber zugestimmt. Sicher hätte ich mich durch geschicktes Terminmanagement jetzt von der Abstimmung fernhalten können. Sich vor der Verantwortung wegzuducken ist nicht mein Stil.

Zur Abstimmung im Plenum des Bundestages habe ich in einer persönlichen Erklärung begründet, warum ich einem Gesetz zustimme, dass es nach meinem Dafürhalten nicht hätte geben müssen:

Die Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen, die so genannte PKW-Maut, war nie und ist kein verkehrspolitisches Anliegen der SPD. Die Pkw-Maut war und ist das Hauptanliegen der CSU. Im Koalitionsvertrag mit der CDU und CSU konnte die SPD im Gegenzug zentrale gesellschaftspolitische Forderungen verankern.

Der Koalitionsvertrag ist sozialdemokratisch geprägt. Zum Beispiel mit dem gesetzlichen Mindestlohn, der Rente mit 63 und der Frauenquote haben wir bedeutende gesellschaftspolitische Schritte bereits verwirklicht. Erreichen konnten wir das nur, indem wir uns verpflichtet haben, auch der Pkw-Maut zuzustimmen.

Klare Bedingungen müssen allerdings erfüllt sein: die Pkw-Maut muss europakonform sein, inländische Kfz-Halter dürfen nicht höher belastet werden und es muss ein substantieller Beitrag zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur generiert werden. Die vorliegenden Gesetzentwürfe wurden von den zuständigen Ministern intensiv beraten und beschlossen. Die EU-Rechtskonformität ist demzufolge gewährleistet, die Einnahmeprognosen sollen plausibel sein und eine Mehrbelastung inländischer Kfz-Halter wird ausgeschlossen. Diese Annahmen konnten weder in den Anhörungen noch in den Ausschussberatungen hinreichend widerlegt werden.

Die SPD-Bundestagsfraktion hatte für ihre Zustimmung trotzdem weitere Bedingungen benannt, wichtige Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf durchgesetzt und CDU und CSU einen richtungsweisenden Entschließungsantrag abgerungen, den wir gemeinsam mit der Pkw-Maut beschließen.

Damit wurde ein verkehrspolitisches Gesamtpaket verabschiedet, zu dem neben der Pkw-Maut wichtige Festlegungen zur Lkw-Maut und eine klare Priorisierung bei den Verkehrsinvestitionen gehören. Spätestens im Sommer 2016 wird der Beschluss über die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesfernstraßen ins Kabinett kommen und die Verkehrsinvestitionen fließen künftig dorthin, wo sie am Nötigsten gebraucht werden.

Besonders wichtig ist mir, dass wir den Einnahmen- und Bürokratiecheck durchsetzen konnten. Der Bundestag muss sich zwei Jahre nach Beginn der Abgabeerhebung automatisch mit den realen Nettoeinnahmen und dem bürokratischen Aufwand beschäftigen. Zudem muss über die Auswirkungen der Pkw-Maut auf die Grenzregionen berichtet werden.

Den Bericht über die Grenzregionen brauchen wir. Speziell mit Blick auf den Grenzverkehr in Nordrhein-Westfalen sehe ich die Maut sehr kritisch. Die Landes- und Kommunalstraßen wurden erfreulicherweise auf unser Drängen aus den Plänen des Ministers gestrichen. Somit können unsere niederländischen Nachbarn weiterhin den Kreis Viersen ohne Mautzahlung besuchen.

Ich hätte mir noch weitergehende Regeln zum Schutz der Grenzregion gewünscht. Die sind ärgerlicherweise am Widerstand von CDU und CSU gescheitert. Das öffentliche maut-kritische Auftreten gerade der CDU in NRW hat die Verhandler von CDU und CSU im Bundestag offenbar nicht beeindruckt. Unsere SPD-Vertreter mussten jedes Zugeständnis in stundenlangen Sitzungen mühevoll durchsetzen.

Ich habe dem Gesetzentwurf zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen zugestimmt. Der Koalitionsvertrag, der mit übergroßer Mehrheit von unseren Parteimitgliedern mitbeschlossen wurde, forderte dies von mir. Die Verhandlungsergebnisse der letzten Wochen haben mir diese Entscheidung leichter gemacht. Glücklich bin ich dabei nicht.

Mit freundlichen Grüßen
Udo Schiefner

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