Frage an Udo Schiefner von Christoph S.
Hallo Herr Schiefner,
ich denke, Sie erinnern sich noch an mich aus dem Kreistag. Wie ich in einer vorangehenden Antwort lesen kann, haben Sie sich gut in Berlin eingelebt - das freut mich.
Aus meiner Sicht läuft die SPD (allen voran Sigmar Gabriel) gerade in den selben Fehler, den vor ihr auch schon die FDP und davor auch die SPD selbst bereits gemacht haben. Um ein unbequemes Thema muss sich der Koalitionspartner kümmern ...
Herr Gabriel verteidigt mit steigender Vehemenz TTIP und CETA und die ungeliebten Schiedsgerichtsklauseln, gerät dadurch mehr unter mehr unter Druck, und Angela Merkel hält sich weitestgehend aus dieser Diskussion raus.
Sehen Sie es nicht auch als Gefahr, dass gerade die SPD solche Regelungen verteidigt, die Großkonzernen Macht gegen Regierungen und damit den Menschen dieses Landes geben?
Sehr geehrter Herr Szallies,
zunächst einmal, ja, nach über einem Jahr als Bundestagsabgeordneter in Berlin kann ich sagen, dass ich mich hier in die Arbeit sehr gut eingelebt habe.
Zu Ihrer Kritik am Handeln der SPD und unseres Parteivorsitzenden zu CETA und TTIP will ich festhalten: die Freihandelsabkommen fallen in das Aufgabengebiet des Wirtschaftsministers. Für Sigmar Gabriel gibt es die Option nicht, sich aus dem Thema rauszuhalten. Sich rauszuhalten wäre auch nicht in unserem Sinne, denn wenn wir uns nicht einmischen, entscheiden andere für uns. Deshalb haben der Bundesminister und der Deutsche Gewerkschaftsbund gemeinsame Ziele und Anforderungen an die Verhandlungen zum transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) formuliert, die auch für das europäisch-kanadische Abkommen CETA gelten. Diese wurden vom Parteikonvent der SPD aufgegriffen und beschlossen. Den Kriterienkatalog finden Sie hier: http://goo.gl/Tf3bG5
In der SPD sprechen wir uns grundsätzlich für Handelsabkommen aus. Die Weltwirtschaft braucht verlässliche Regeln. Wir wollen globale Standards für einen fairen und nachhaltigen Welthandel. Wir erwarten deutliche Kostensenkungen durch die gegenseitige Anerkennung von Standards und Zulassungsverfahren.
Die erreichten EU-Standards zu Sozialem, Arbeit, Umwelt, Agrarwirtschaft, Lebensmittelsicherheit, Gesundheit, Datenschutz und Verbraucherrechten dürfen allerdings nicht aufgeweicht werden. Ich erwarte, dass in den Abkommen das jeweils höhere Niveau anerkannt wird! Die Schiedsgerichtsverfahren in beiden Abkommen sehe ich sehr kritisch und betrachte sie aus deutscher Sicht als nicht notwendig angesichts eines funktionierenden Rechtssystems. Doch erst wenn CETA und TTIP in endgültiger Fassung vorliegen und die offenen Punkte geklärt sind, kann ich entscheiden, wie ich mich persönlich bei etwaigen Abstimmungen im Bundestag verhalten werde.
Der Verhandlungstext des CETA-Abkommens wird derzeit auf EU-Ebene überarbeitet. Das Bundeswirtschaftsministerium bringt dabei Änderungsvorschläge zu den Schiedsgerichtsverfahren ein. CETA kann allerdings nach jetziger Einschätzung voraussichtlich erst in drei Jahren endgültig unterzeichnet werden und in Kraft treten. So lange dürfte es dauern, bis die notwendigen Verfahren auf EU-Ebene und in den Mitgliedsländern abgeschlossen sind. Der zeitliche Horizont bei TTIP ist noch länger. Die Verhandlungen sind bei CETA erheblich weiter fortgeschritten.
Egal aber, ob die jetzige oder eine spätere Regierung die Abkommen in den Bundestag einbringen wird. Mit der SPD wird es nur Abkommen geben, die den Interessen der Menschen und der Wirtschaft unseres Landes nützen. Für mein eigenes Abstimmungsverhalten werden die weiteren Diskussionen mit den Bürgern und in meiner Partei ausschlaggebend sein.
Mit freundlichen Grüßen
Udo Schiefner