Frage an Tunia Erler von Hartmut Frank M. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Frau Erler,
viele nicht verbeamtete Lehrer müssen während der Sommerferien Hartz IV beantragen oder anderwo Jobs annehmen.
Andererseits bekommen nun die pensionierten Beamten in den meisten Bundesländern und des Bundes Erhöhungen,- von denen andere nur träumen können.
Die rot-grüne Regierung hat seinerseits veranlasst, dass die Renten schrittweise auf 43% gesenkt werden.
Beamte bekommen aber 71,75% ihres letzten Gehalts an Pensionen. In der Sendung "Presseclub" sah man deutlich, wie viele Privilegien Beamte haben. Sehen Sie keinen Gerechtigkeitskonflikt, wenn Beamte weiterhin 71,75% ihres letzten Gehalts bekommen?
Warum werden Beamte nach Lebensalter und Dienstzugehörigkeit bezahlt, selbst dann, wenn sie krak sind und andere kranke Menschen drängt man in das Hartz IV-System?
Ich denke, dass es ein großes Privileg ist, wenn man Beamten einen unbefristeten Job anbietet. Alle anderen Argumente die immer wieder zum Zwecke der Rechtfertigung dieser Bevorzugungen angeführt werden, halte ich für widerlegbar und interessengebunden. Die Bezüge vieler Politiker sind doch an die der Beamten gebunden, oder nicht?
Mit freundlichen Grüßen
Hartmut Frank Mueller
Sehr geehrter Herr Mueller,
über die von Ihnen angesprochene Frage des Berufsbeamtentums könnte man tatsächlich lange diskutieren. Die »besondere Treuepflicht«, die der Staat von seinen Beamten verlangt, bedeutet schließlich unter anderem, dass diesen das Streikrecht verweigert wird. Auch darf ich an die vor allem in den 70er und 80er Jahren verhängten Berufsverbote gegen Lehrer, Postbeamte und andere Beschäftigte erinnern. Diese wurden dafür drangsaliert, sich in fortschrittlichen Organisationen wie der DKP, in antifaschistischen Zusammenschlüssen und in der Friedensbewegung engagiert zu haben. Die wenigsten von ihnen wurden bis heute rehabilitiert.
Hinsichtlich des von Ihnen angesprochenen Skandals, dass ausgebildete Lehrer oftmals nur mit befristeten Verträgen beschäftigt, pünktlich zu den Sommerferien entlassen und somit in »Hartz IV« gedrängt werden, sind wir einer Meinung. Ihre Schlussfolgerung geht meines Erachtens jedoch in die falsche Richtung. Es kann nicht darum gehen, Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben - und Lehrer haben nun wirklich keinen einfachen Job! - ihre Ruhestandsbezüge zu kürzen. Vielmehr muss es darum gehen, den Menschen, die im Beruf und im Ruhestand zu wenig erhalten, höhere Löhne, Gehälter und Renten zukommen zu lassen.
Unser Ziel ist die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich in allen Bereichen, bei gleicher Bezahlung von Frauen und Männern in Ost und West, sowie einer Anhebung aller Renten und Pensionen deutlich über die Armutsgrenze. Die Gelder dafür sind vorhanden, auch ohne sie Empfängern etwas besserer Ruhestandsbezüge wegzunehmen. Solange aber Milliarden für Rüstungsprojekte wie mörderische Drohnen, Auslandseinsätze der Bundeswehr oder auch Bankenrettungen verpulvert werden, können wir das Argument der »leeren Kassen« nicht gelten lassen.
Die Bezüge der Politiker - konkret: der Bundestagsabgeordneten - sind übrigens nicht an die Beamtenbezüge gekoppelt, wie Sie schreiben. Sie werden von den Parlamentariern selbst per Beschluss festgelegt und sollen sich, wie auf der Homepage des Bundestages nachzulesen ist, an den Einkommen von Bürgermeistern »kleiner Städte und von Gemeinden mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern« bzw. an denen der »einfachen Richter bei einem obersten Gerichtshof des Bundes« orientieren. Ein Eigeninteresse an einer Besserstellung etwa von Lehrern oder anderen abhängig Beschäftigten haben die Abgeordneten also nicht - was eigentlich schade ist.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Tunia Erler