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Torge Heinisch
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Frage von Edith W. •

Was werden Sie unternehmen um die Grundversorgung wieder in staatliche Hände zu bekommen?

Dies gilt auch für Wasser, Gesundheit und bezahlbaren Wohnraum.

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DIE LINKE

Vielen Dank für diese super spannende Frage. Die Lösung dürfte sich in diesem Fall super komplex gestalten. Die einfachste, aber leider nicht umzusetzende Maßnahme wäre die Firmen allesamt wieder zu enteignen. So verlockend ich diesen Gedanken auch finde, machbar wird das leider nicht sein.

Im Bereich Gesundheit wird es notwendig sein, dass wir die Fallpauschale auf Bundesebene wieder kippen und einsehen, dass eine gute Gesundheitsversorgung eben nicht gewinnorientiert aufgestellt werden sollte. Wir sehen das an den schwindenden Entbindungsstationen. Der Kreißsaal ist im Regelfall das erste was nach der Privatisierung einer Klinik geschlossen wird, da es gemäß der Fallzahl-Logik eben keinen Gewinn abwirft. Dieser Schritt kann jedoch vom Land höchstens angeregt werden und eine sozial-gerecht ausgerichtete Landesregierung kann da gewiss Einfluss nehmen und Druck ausüben.

Bis das allerdings soweit ist haben wir im Land die Möglichkeit die verbliebenen in öffentlicher Hand verbliebenen Kliniken aufzufangen. In Friesland sind wir aktuell noch gut aufgestellt, dennoch schwingt die Angst stets mit. Werfen wir einen Blick über den Tellerrand, auf das angeschlagene Klinikum in Wilhelmshaven, dann sieht das Ganze schon ganz anders aus. Die Stadt WHV hat einen Entschuldungspakt mit dem Land geschlossen, der es der Stadt verbietet das Klinikum weiterhin zu finanzieren, sollte es rote Zahlen schreiben. Gepaart mit dem forcierten Neubau des Klinikums, den steigenden Rohstoffkosten und Co befürchte ich, dass sich die Stadt Wilhelmshaven verzettelt hat und auf Drängen der Kommunalaufsicht das Klinikum in den nächsten Jahren privatisiert werden soll.

Das Land hat hier alle Zügel in der Hand eben sowas zu verhindern und Garantien für die öffentlichen Kliniken zu geben. Langfristig, nach Änderung der Gesetzeslage, sollten Kliniken im Idealfall Stück für Stück zurückgekauft werden.

In anderen Bereichen der Grundversorgung ist das sehr ähnlich aufgestellt. Persönlich möchte ich übrigens den ÖPNV und auch den Fernverkehr mit aufnehmen. Die Privatisierung der Bahn war ein großer Fehler, der sich aktuell jedoch relativ leicht korrigieren ließe, da der Staat noch immer der größte Anteilseigner der Bahn ist. Dies sollte forciert werden und damit auch auf Landesebene für den Ausbau des Schienennetzes vorangetrieben. Wenn wir dies in der Region betrachten wollen reicht uns der Blick rüber nach Aurich. Für Enercon wurden große Teile der alten Strecke reaktiviert. Dies muss unbedingt auch für den Personenverkehr gemacht werden.

Im Bereich sozialen Wohnungsbau hatte ich neulich bereits eine Frage ausführlich beantwortet, nehmen Sie es mir bitte nicht krumm, wenn ich Sie bitte die Details dort nochmal nachzulesen :-) Grundsätzlich möchte ich aber nochmal betonen, dass der soziale Wohnungsbau nicht an Investoren abgegeben werden darf. Prinzipiell bin ich der Meinung, dass er in kommunaler Hand bleiben muss, da die Kommunen am besten und vor allem individuell auf ihre Sorgen vor Ort reagieren können. Gestützt werden muss dies jedoch aus der Landesregierung, da die Kommunen selbst häufig zu sehr überschuldet sind und dieser Aufgabe nicht immer nachkommen können.

Egal in welchem Bereich wir gucken, in den letzten Jahrzehnten wurde leider viel zu viel aus der Hand gegeben. Das waren alles Fehlentscheidungen der vorangegangenen Regierungen, angeführt von CDU oder SPD, oft auf Drängen der FDP. Das System muss stark reformiert werden, aber in allen Fällen müssen die Schlüssel-Unternehmen im Bereich der Grundversorgung wieder zurückgekauft werden. Wenn wir 100 Milliarden Euro aus dem nichts in die Rüstung stecken können, dann sollten wir uns stark überlegen was für einen Fokus wir setzen wollen. Scheinbar ist das Geld vorhanden (was ich auch immer wieder betone), dann sollten wir das sinnvoller einsetzen, beispielsweise hier.

Darüber hinaus müssen wir aber auch den Markt regulieren. Es gibt einen europäischen Gasmarkt und die Händler sind im Grunde an diesen Preis gebunden. Beeinflusst wird dieser Marktpreis durch Spekulationen, ähnlich wie der Ölpreis, wird so der Preis in die Höhe getrieben, was am Ende der Verbraucher leider ausbaden darf. Der hoch gepriesene Markt-Mechanismus "Angebot und Nachfrage" greift an dieser Stelle gar nicht. Wir haben es in den letzten Monaten geschafft unsere Gasspeicher zu füllen, die Industrie konnte ohne Einschränkungen weiter produzieren und alle Menschen konnten sich duschen, waschen, etc. Mit anderen Worten: Es war genug Angebot da, der Preis hätte ggf. steigen dürfen, aber nicht in dem Ausmaß wie er gestiegen ist.

Durch die Spekulation und die reine Möglichkeit, dass der Gashahn ggf. versiegt, sind die Preise am Markt jedoch rasant gestiegen. Und obwohl Russland die Liefermengen drastisch reduziert hat, hat Gazprom den höchsten Umsatz und Gewinn der Firmengeschichte gemacht. Deshalb: Der Markt muss vor allem reguliert werden. Hierzu benötigt es eine starke links ausgerichtete Landesregierung, die entsprechend Druck auf die Bundesregierung und auf die EU machen kann.