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Torge Heinisch
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Frage von Olaf F. •

Moin Wie wollen sie die aktuelle Lage entzerren das es keinen bezahlbaren Wohnraum in Friesland gibt. Und nur Großaktionäre teure Wohnungen bauen dürfen.

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Der bezahlbare Wohnraum ist ein sehr wichtiges, aber auch super komplexes Thema. Auf ein paar Punkte möchte ich gern kontrovers eingehen. Zunächst möchte ich mich entschuldigen, dass ich erst so spät auf Ihre Frage antworte. Ich habe die Betreuung meines Profils bei Abgeordnetenwatch.de leider zu lange prokrastiniert.

Sie sprechen ein großes Problem bereits an: Es bauen nur noch, wie Sie es nennen, "Großaktionäre". Im Verlauf meiner Antwort werde ich hier mehr das Wort "Investor" benutzen. Der Begriff wird in der Öffentlichkeit und insbesondere in den kommunalen Gremien sehr häufig benutzt und leider ohne zu hinterfragen stets als positiv dargestellt. Das möchte ich mit meiner Antwort gern etwas ändern und wünsche mir für die Zukunft, dass auch meine Kolleg*innen in den kommunalen Vertretungen zukünftig bitte etwas aufmerksamer werden, wenn sich mal wieder ein "Investor" meldet und Geld investieren möchte und/oder mit günstigen Wohnungen oder vielen Arbeitsplätzen wirbt.

In den letzten Jahren war der Leitzins sehr gering. Die Freude für Familien und Co auf diese Art und Weise zu einem Eigenheim zu kommen wurden schnell enttäuscht. Der günstige Leitzins sorgte ebenfalls dazu, dass die mächtigen Konzerne den Markt noch leichter und weiter an sich gerissen haben. Kredite waren zwar für jedermann leicht zu bekommen, aber das Marktsystem "Angebot und Nachfrage" sorgte schnell dafür, dass Immobilien und Gründstücke so teuer wurden, dass sie nur noch von den Investoren gestemmt werden konnten.

Ein Punkt, der mir an dieser Stelle für die Zukunft wichtig wäre, für den ich mich gern einsetzen möchte, ist, dass die Gemeinden motiviert werden neue Baugebiete und Co eben nicht an Investoren zu übergeben. Gemeinden machen dies sehr gern, weil Ankauf der Grundstücke und Erschließung sehr teuer sind und nur selten vorgestreckt werden können. Meine eigene Gemeinde Sande ist bekanntermaßen jedes Jahr dabei gegen die Überschuldung zu kämpfen. Das Land muss an dieser Stelle unterstützen. Wenn wir Baugebiete selbst erschließen und beispielsweise "soziale Vergaberichtlinien" erarbeiten, so können wir einerseits die Zukunft der Gemeinden sichern und Nachwuchs sichern, was wichtig für den Erhalt unserer Schulen und Kindergärten ist, aber auch dafür sorgen, dass nicht zwingend das dickste Portemonnaie den Zuschlag bekommt.

Ein weiterer Punkt über den man an dieser Stelle diskutieren muss ist die Art der Bebauung. Ich mag den ländlichen Charakter mit kleinen Häusern und Dörfern. Aber wenn wir rein rational an die Sache gehen, dann müssen wir akzeptieren, dass Mehrparteienhäuser mit mehreren Wohnungen und Co ökologisch deutlich sinnvoller sind und auch Rohstoff-sparender. Nicht jede Kommune leistet sich eine Wohnbau-Genossenschaft. Hier sind wir in Friesland zumindest ein klein wenig weiter, aber noch nicht am Ende. Nicht jede Gemeinde beteiligt sich an der Genossenschaft und auch diese öffentliche Gesellschaft spürt die o. g. Situation.

Für mich wäre es wichtig, dass der soziale Wohnungsbau in Planung und Co in der kommunalen Hand bleibt um individuell und vor Ort entscheiden zu können wie agiert wird. Ich wünsche mir jedoch eine stärkere Förderung vom Land und auch vom Bund, die das vorantreibt und alle Kommunen motiviert mitzumachen. Sozialer Wohnungsbau ist keine Aufgabe der Wirtschaft, sondern eine der öffentlichen Hand!

Darüber hinaus müssen wir hier vom Land aus Druck auf die Bundespolitik im Bereich der Steuern machen. Die Finanzämter sind angehalten auf den Mietspiegel zu achten. Soziale Vermieter*innen werden vom Staat genötigt ihre Mieten nach oben anzupassen. Es wird stets über eine Mietpreisbremse gesprochen, aber die existierende erfüllt ihren Job nicht. Davon ab wird sie von der eben genannten Praxis befeuert. Der Mensch muss hier im Vordergrund stehen. Wohnen ist ein Menschenrecht!

Ich hoffe, dass ich Ihre Frage damit weitestgehend beantworten konnte. Natürlich ließe sich dies noch viel weiter vertiefen und diskutieren.

Vielen Dank!