Frage an Tobias Pflüger von Mirko O. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Pflúger,
ich bitte Sie um Antwort auf folgende Fragen:
Setzen Sie sich für eine bedingungslos folter- und gewaltfreie Psychiatrie ein? (siehe auch www.folter.abschaffen.de )
Setzen Sie sich für eine Abschaffung aller psychiatrischen Sondergesetze ein, wie es die Behindertenrechtskonvention fordert?
Setzen Sie sich für die Abschaffung von Zwangsbetreuung ein? Setzen Sie sich dafür ein, dass rechtliche Betreuung nurmehr als unterstützende Leistung bzw. Assistenz erbracht wird und der Entmündigung durch Betreuung die Grundlage entzogen wird?
Setzen Sie sich für eine Todesfallstatistik aller psychiatrisch Behandelten ein?
Setzen Sie sich für mehr Geld für die Selbsthilfe Psychiatrie-Erfahrener ein?
Herzlichen Dank für Ihre Antwort! Für ein persönliches Gespräch zum Thema Menschenrechte in der Psychiatrie stehe ich gerne zu Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Mirko Ološtiak-Brahms
Sehr geehrter Herr Mirko Olostiak-Brahms,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Setzen Sie sich für eine bedingungslos folter- und gewaltfreie Psychiatrie ein?
Ja, ich setze mich für eine folter- und gewaltfreie Psychiatrie ein. DIE LINKE war die erste Partei im Bundestag, die die Abschaffung psychiatrischer Gewalt und rechtlicher Diskriminierung über psychiatrische Sondergesetze in ihr Parteiprogramm mit aufgenommen hat.
Setzen Sie sich für die Abschaffung von Zwangsbetreuung ein? Setzen Sie sich dafür ein, dass rechtliche Betreuung nurmehr als unterstützende Leistung bzw. Assistenz erbracht wird und der Entmündigung durch Betreuung die Grundlage entzogen wird?
Einer der wichtigsten Aspekte bei der medizinischen Behandlung ist die Freiwilligkeit der Patientin oder des Patienten, denn ohne Einwilligung in die Behandlung, ist jeder Eingriff eine Körperverletzung. Eine Behandlung muss auf einer „auf Vertrauen gründenden Zustimmung“ (BVerfG) basieren. Eine rechtliche Betreuung soll als Hilfe und nicht als Vormund fungieren. Aussagefähige Studien zu den Wirkungen von Zwangsmaßnahmen sind leider Mangelware. Weder wurde der Nutzen solcher Behandlungen erwiesen, noch wurden die traumatisierenden Wirkungen von Zwangsmaßnahmen bei Patientinnen und Patienten überhaupt hinreichend untersucht. Insbesondere Zwangsmedikationen oder Fixierungen sind menschenrechtlich nicht zu legitimieren und werden daher von der LINKEN abgelehnt.
Setzen Sie sich für eine Todesfallstatistik aller psychiatrisch Behandelten ein?
Wir fordern, die gesundheitlichen Folgen von Zwangsmaßnahmen und Behandlungsalternativen so weit möglich klinisch zu untersuchen. Dazu gehört auch die Ermittlung von Todesfällen mit detaillierter Angabe der Todesursache.
Setzen Sie sich für mehr Geld für die Selbsthilfe Psychiatrie-Erfahrener ein?
DIE LINKE fordert eine Aufwertung der Selbsthilfe und der Patientenvertretung. Zwar sind Patientenvertreterinnen und -vertreter in etlichen Gremien der Selbstverwaltung vertreten - mitentscheiden dürfen sie jedoch nur selten. Auch das widerspricht der UN-Behindertenrechtskonvention. Wir setzen uns für ein volles Stimmrecht der Patientenvertretung im Gemeinsamen Bundesausschuss ein. Dafür müssen die Selbsthilfestrukturen finanziell und personell aufgewertet werden. Da es sich um ein gesamtgesellschaftliches Interesse handelt, ist den maßgeblichen Patientenorganisationen mit Mitteln des Bundes eine umfangreiche Beteiligung an den Entscheidungsprozessen in der Selbstverwaltung zu ermöglichen.