Was spricht konkret gegen die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht gegen Corona?
Sehr geehrter Herr Hans,
Im bisherigen Verlauf der Pandemie ist es nicht gelungen, genügend Mitbürgerinnen und Mitbürger davon zu überzeugen, sich zu ihrem eigenen Schutz, als aber auch zum Schutz ihrer Mitenschen impfen zu lassen. Weder die Appelle der Politik oder der vielen Menschen des öffentlichen Lebens, noch die unterschiedlichsten Impfangebote bis hin zu mobilen Impfstationen und Impfungen im Betrieb haben dabei ihre Wirkung gezeigt.
Obwohl jedoch breiter Konsens zwischen der Politik und den wissenschaftlichen Fachleuten zu herrschen scheint, dass der einzige Schlüssel zur Bekämpfung der Pandemie in einer möglichst hohen Impfquote liegt, sind Sie weiterhin gegen die Einführung einer allgemeine Impfpflicht und appellieren, die Menschen “noch mehr zu überzeugen“.
Wie genau soll das noch gelingen?
Was spricht KONKRET gegen die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht?
Ich freue mich auf Ihre Antwort. Bleiben Sie gesund!
Herzliche Grüße
Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ich glaube, dass es zu kurz greift, das Ergebnis der Debatte um die Impfpflicht politisch vorweg zu nehmen. Denn auf viele Fragen gibt es eben noch keine klaren Antworten, hier bedarf es einer ergebnisoffenen Debatte: Woran orientiert sich eine Impfpflicht - an Berufstätigkeit, der Anzahl sozialer Kontakte, dem Wohnort? Wie sanktionieren wir ein Nicht-Nachkommen der Impfplicht? Mit Lockdown oder einer Geldstrafe? Ausschluss vom Arbeitsleben? Wie oft wird die Pflicht zur Impfung gelten: Ist es wie bei Masern mit einer Impfung getan oder wird es eine wiederkehrende Impfpflicht bei jeder Auffrischung geben? Wie kann bei all diesen Fragen eine Impfpflicht verfassungskonform gestaltet werden und welche Zeitabläufe sind dafür nötig?
In jedem Fall muss uns klar sein, dass auch eine Impfpflicht kein Impfzwang für alle sein wird und somit realistisch nur ein Prozentsatz von knapp über 90% der Erwachsenen dadurch tatsächlich geimpft sein wird am Ende. Wir haben derzeit im Saarland eine Impfquote von annähernd 90% bei Erwachsenen. Mein Ansatz ist daher pragmatisch. Ich werde dafür sorgen, dass wir die bestehenden Impflücken im Saarland identifizieren und gezielt dort beraten und zuraten sowie Anreize schaffen. Damit erreichen wir mindestens das gleiche Ergebnis und schneller. Auch das ist eine Debattenbeitrag zu einer Debatte, der ich mich nicht verschließe. Für mich ist aber klar: Die Hürden für eine Impfpflicht sind zu Recht sehr hoch - deshalb müssen wir zunächst alle anderen Möglichkeiten ausschöpfen.
Umso erfreulicher ist es, dass bei uns im Saarland nicht nur die Zahl der Boosterimpfungen, sondern auch die der Erstimpfungen rapide ansteigt.
Herzliche Grüße und bleiben Sie gesund
Ihr Tobias Hans