Was werden Sie konkret für eine Förderung der biomedizinischen Forschung zu ME/CFS und Long COVID tun?
Sehr geehrte Frau Rudolph
in Deutschland hinkt die Forschung zu Myalgischer Enzephalomyelitis (ME/CFS) über 40 Jahre hinterher. Die Finanzierung seitens der Regierung war jahrzehntelang derart niedrig, dass praktisch keine Forschung stattfinden konnte. Das ist ein enormer Skandal und das Ergebnis ist nun, dass 600.000 bis 800.000 Menschen in Deutschland schwerstkrank und ohne Behandlungsmöglichkeiten in ihren Betten liegen müssen und dementsprechend natürlich auch dem Arbeitsmarkt fehlen.
Das selbe gilt für Long-Covid-Betroffene, die die fehlende ME/CFS-Forschung nun auch ausbaden müssen. Hätte man in die Forschung investiert, gäbe es heute höchstwahrscheinlich eine Möglichkeit, Long-Covid auch zu heilen.
Deshalb frage ich Sie, was Sie und Ihre Partei konkret tun werden, um dem endlich entgegenzuwirken? Der jetzige Zustand ist für die Betroffenen untragbar.

Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Förderung der Forschung zu ME/CFS und Long COVID. Ihre Besorgnis über die Situation der Betroffenen und die bisherige Forschungslage ist berechtigt und wird von uns sehr ernst genommen.
Die Forschung zu ME/CFS steht weltweit vor erheblichen Herausforderungen. Insbesondere fehlt es international an verbindlichen Diagnosekriterien und spezifischen Biomarkern, was die Homogenität von Studienpopulationen und die Vergleichbarkeit von Forschungsergebnissen erheblich erschwert. Dies behindert die Entwicklung effektiver Diagnose- und Behandlungsansätze nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern. Dennoch gibt es Unterschiede im Forschungsfortschritt zwischen den Staaten, und Deutschland hat hier Nachholbedarf.
In der vergangenen Wahlperiode konnten wir in verschiedenen Bereichen eine Reihe von Maßnahmen umsetzen, mit denen wir die biomedizinische Forschung und Versorgung fördern:
Ausbau der Grundlagenforschung:
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die Nationale Klinische Studiengruppe „Post-COVID Syndrom und ME/CFS“ mit 100 Millionen Euro in den nächsten Jahren. Diese Initiative zielt darauf ab, vielversprechende bestehende Medikamente in klinischen Studien zu testen und schnell in die Versorgung zu überführen.
Etablierung von Registern und Biodatenbanken:
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) unterstützt den Aufbau eines klinischen Registers am Klinikum rechts der Isar (TU München) und der Charité Berlin. Ziel ist es, eine solide Datengrundlage zu schaffen, um epidemiologische und biomedizinische Erkenntnisse zu gewinnen, die auch ME/CFS-Patienten umfassen.
Verbesserung der Versorgung:
Die Ampelkoalition hat sich auf die Einrichtung eines deutschlandweiten Netzwerks von Kompetenzzentren und interdisziplinären Ambulanzen verständigt.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Richtlinie über eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID und Erkrankungen, die eine ähnliche Ursache oder Krankheitsausprägung aufweisen (LongCOV-RL) im Mai letzten Jahres beschlossen, die auch ME/CFS miteinschließt.
Aufklärung und Informationsbereitstellung:
Das BMG hat eine umfassende Gesundheitsinformation zu ME/CFS veröffentlicht, die auf einem systematischen Bericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) basiert. Zudem wurde eine Webseite und Hotline zu Long COVID und verwandten Erkrankungen eingerichtet.
Internationale Zusammenarbeit und Koordination:
Wir fördern den Austausch von Forschungsinitiativen auf globaler Ebene und binden internationale Erkenntnisse kontinuierlich in nationale Maßnahmen ein.
Es ist uns bewusst, dass trotz dieser Maßnahmen noch viele Hürden zu überwinden sind. Die SPD setzt sich daher weiter dafür ein, die Grundlagenforschung zu ME/CFS auszubauen und auch die notwendigen Mittel dafür bereitzustellen, internationale Standards voranzutreiben und die Versorgung der Betroffenen nachhaltig zu verbessern.
Mit freundlichen Grüßen
Tina Rudolph