Frage an Tim Behrendt von Kristin M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau M.,

vielen Dank für Ihre Frage zur Anerkennung von Studienleistungen. Wir brauchen in Europa vor allem eins, Menschen die gewillt sind gute Studienleistungen zu erbringen und ihr Wissen in der Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft einzubringen. Ich möchte beim Thema der Studienleistung zwischen Bildungsabschlüssen und Leistungen innerhalb des Studiums ("Scheine") differenzieren.

Bei der Anerkennung der Studienabschlüsse wurden mit dem Bologna-Prozess viele Grundlagen geschaffen um Abschlüsse zu vereinheitlichen und Anerkennungsverfahren zu vereinfachen oder gar obsolet zu machen. Das Prinzip, Studienleistung anhand von Leistungspunkten (ECTS) messbar und dementsprechend auch vergleichbar zu machen ist absolut wünschenswert. Uns Freien Demokraten reicht das allerdings nicht. Bildung ist für uns eines der höchsten Güter schlechthin und es gibt noch zu viele, teils nationale, Hürden, die der Bildungsfreizügigkeit im Wege stehen. Wir fordern daher eine Aufnahme der Bildungsfreizügigkeit in die Liste der Grundfreiheiten gemäß EG Vertrag. Durch diese Erweiterung der bislang vier Grundfreiheiten (Warenverkehrsfreiheit Art. 28 ff., Dienstleistungsfreiheit Art. 49 ff., Personenverkehrsfreiheit Art. 39 ff. und 43 ff. und Kapitalverkehrsfreiheit Art. 56 ff.) müssen sich viel mehr Richtlinien und Regeln diesem Grundprinzip unterwerfen. Diese für uns wesentliche Forderung führt jede bürokratische Diskussion über die Anerkennung eines in der EU erlangten, mit ETCS bewerteten und akkreditierten Studienabschlusses, ad absurdum und sorgt für einheitliche Verfahren auf höchster Ebene.

Beim Thema der Studienleistungen innerhalb von Studiengängen ist es ähnlich, allerdings gibt es hier wesentliche Unterschiede. Zum einen lassen sich Studieninhalte oftmals nicht wirklich vergleichen. Ich habe beispielsweise Ingenieurwesen / Sicherheitstechnik studiert. Meinen Studiengang findet man in Europa wohl in der Form kein zweites Mal. Geht es etwa um die Anerkennung der einzelnen ECTS Punkte aus der Fachrichtung Mathematik, ist der Lernstoff damit noch nicht aussagekräftig genug umschrieben. Die Professorinnen und Professoren wollen und müssen sicherstellen, dass im Rahmen ihrer Prüfungsordnungen nicht mit zweierlei Maß gemessen wird, was absolut richtig ist. Leider sind die Verfahren auf dieser individuellen Ebene kaum ohne granulare Eingriffe in Grundsätze regelbar, wie etwa die Freiheit der Lehre, die gar im Grundgesetz verankert ist. Ein pragmatischer und zielführender Ansatz ist die Schaffung von internationalen Standards bei den Bildungsgängen an sich, etwa durch die Förderung internationaler Hochschulkooperationen, gemeinschaftlicher Studiengänge und ganzer internationaler Hochschulen. Auf der anderen Seite begrüßen wir Regeln zur Standardisierung von Studiengängen über Akkreditierungsverfahren dort, wo Standards Sinn machen, etwa beim Studium der Humanmedizin oder in den Rechtswissenschaften.

Mit freundlichen Grüßen

Tim Behrendt