Frage an Tilo Kummer von Michael W. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Kummer,
wenn Sie Beiträge (Abwasser und Straßenausbau) "mittelfristig" abschaffen wollen - wie soll das in der Praxis aussehen? Zu diesem mittelfristigen Zeitpunkt sind doch die sogenannten Beitragspflichtigen längst finanziell ruiniert und Zustände eingetreten, die eine Rückabwicklung der Beitragszahlungen gar nicht mehr zulassen (Schon heute ist umstritten, ob Beiträge an denjenigen zurückzuzahlen sind, der sie leisten musste oder an denjenigen, der inzwischen Eigentümer des Grundstücks geworden ist.). M. E. kann der Landesgesetzgeber das Beitragsproblem (schon mit Rücksicht auf die Landesfinanzen) nicht auf "mittelfristig" vertagen.
Auch eine individuelle Befreiung vom Anschlusszwang auf Antrag ist wohl praktisch nicht durchführbar, denn jedes Grundstück, das befreit wird, verteuert ja die Kosten für alle, die im zentralen System verbleiben. Um Investitionskosten zu senken, bleibt m. E. nur die Alternative, in dünn besiedelten Gebieten dezentrale Lösungen (Klein- bzw. Gruppenkläranlagen) als Vorzugslösung in die Abwasserbeseitigungskonzepte aufzunehmen. Würden Sie einen solchen Vorschlag unterstützen?
MfG
M. Wilhelm
Sehr geehrter Herr Wilhelm,
das Problem in Ihrem Sinne zu lösen hieße, sofortige Abschaffung der Beiträge und Rückzahlung der bereits bezahlten Beiträge. Das Geld dafür kann Thüringen nach meiner Einschätzung nicht aufbringen. Es gibt bei uns Überlegungen, Kanal- und Straßenbaumaßnahmen künftig über die Grundsteuer mitzufinanzieren. Dazu müssen jedoch Bundesgesetze geändert werden. Das braucht Mehrheiten. Bis dahin wollen wir Gemeinden freistellen, ob sie Straßenausbaubeiträge erheben. Bei den Abwasserbeiträgen setzen wir in einem ersten Schritt auf wiederkehrende Beiträge. Vor allem müssen wir jedoch bei den Investitionen sparen, um Kosten schon im Vorfeld zu vermeiden.
Mit freundlichen Grüßen,
Tilo Kummer
Hallo Herr Wilhelm,
ich hatte den zweiten Teil Ihrer Frage leider übersehen. Zentrale Anschlüsse sollten nur noch dort erfolgen, wo sie preiswerter sind als dezentrale Lösungen! Mit dieser Prämisse will dann wohl niemand eine Befreiung vom Anschlusszwang beim zentralen Anschluss. Wir wollen aber, dass die Zweckverbände auch Vorschläge für Kleinkläranlagen und Gruppenlösungen machen. Sollten Bürger dann noch günstigere Möglichkeiten finden (z.B. Pflanzenkläranlagen, die wir im Gegensatz zum bisherigen Wassergesetz im Eigenbau ermöglichen wollen), müssen sie vom Anschlusszwang befreit werden.
Mit freundlichen Grüßen.
Tilo Kummer