Frage an Thorsten Majer von Thomas K. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Majer,
wie stehen Sie zu der aktuellen Diskussion um die Rolle von Vodafone beim Thema "Zugangserschwerungsgesetz" und wie sehen Sie die bereits beginnende Diskussion im die Sperrung von weiteren Webseiten neben dem Thema Kinderpornographie?
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Kramer
Sehr geehrter Herr Kramer,
Internet-Sperren, wie sie im Zugangserschwerungsgesetz stehen, sind in Wirklichkeit nur Sichtblenden. Die Täter werden damit nicht ermittelt, die Seiten mit den schlimmen kriminellen Inhalten nicht gelöscht, sondern sollen lediglich mit technischen Maßnahmen vor zufälligem Zugriff verborgen werden.
Diejenigen aber, die solches Material über das Internet beziehen wollen, stoßen nicht zufällig darauf. Sie suchen gezielt danach und können die geplanten Sperren ohne nennenswerten Aufwand umgehen. Auch wird einschlägiges Material in der Regel über andere Wege als das Web verbreitet. Die Sperre wird das vorgebliche Ziel nicht erreichen: Die Inhalte sind weiterhin vorhanden und können weiter konsumiert werden.
Beispiele anderer Ländern und die von dort bekannten Sperr-Listen zeigen zudem, dass die einschlägigen Webseiten meist auf Computern in Ländern wie USA, in West-Europa und auch in Deutschland liegen. Überall dort ist Kindesmissbrauch und die Verbreitung von entsprechenden Bildern und Videos strafbar. Ein direktes Vorgehen gegen die Inhalte-Anbieter wäre möglich und nachhaltiger als der Polizei Scheuklappen anzulegen. Versuche von privaten Kinderschutz-Initiativen beweisen: Schon nach einem Hinweis durch einfache E-Mail löschen die meisten Provider die einschlägigen Seiten bereits nach wenigen Stunden endgültig! Die Bundesfamilienministerin und das BKA sind diesbezüglich jedoch untätig geblieben. Ihre Initiative dient als bequemer Vorwand, um auch in Zukunft das mühsamere Löschen kinderpornografischer Inhalte aus dem Netz und das damit verbundene internationale Ermitteln der Täter zu vermeiden und von der bisherigen Tatenlosigkeit ablenken zu können.
Das Gesetz bedeutet den Einstieg in die Errichtung einer staatlich kontrollierten Zensurinfrastruktur. Dagegen wende ich mich schon aus grundsätzlichen Erwägungen: Denn, heute schon ist sichtbar, dass zahlreiche Interessensgruppen Internet-Sperren für ihre Zwecke ausnutzen und ausbauen wollen, etwa gegen tatsächliche oder angebliche Urheberrechtsverletzungen oder problematische Meinungsäußerungen.
Leider hat unsere Bundestagsfraktion dem Gesetz zugestimmt - ich werde mich dafür einsetzen, dass dieser Fehler rückgängig gemacht wird und dass vor allem auch keine Ausweitung dieser populistischen Pseudomaßnahmen stattfindet.
Besonders schlimm ist auch noch, dass die schwarzen Listen vom BKA geführt werden ohne wirksame Kontrolle oder Transparenz. Die Verabschiedung des Gesetzes zeigt, dass im Bundestag eine Mehrheit von Leuten sitzt, die vom digitalen Zeitalter und dessen Funktion und Freiheitsaspekt keine Ahnung haben, u.a. weil sie nicht damit aufgewachsen sind.
Sollte Ihre Frage noch nicht zufriedenstellend beantwortet worden sein, so können Sie mich unter tm@thorstenmajer.de und 07142 / 77 14 93 erreichen. Ein vielleicht für Sie interessanter Link: http://www.spd-internetpolitik.de/uber-uns/ludwigsburger-dialog-fur-informationsfreiheit-und-gegen-internet-sperren
Beste Grüße,
Thorsten Majer