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Thorsten Frei
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Frage von Peter B. •

S.g. Herr Thorsten Frei sollte nicht das deutsche Volk per Referendum selbst entscheiden ob wir bereit sind ein totales wirtschaftliches Embargo gegen Putins Russland aus Solidarität "durchzustehen"?

Sehr geehrter Herr CDU 1. parlamentarischer Geschäftsführer THORSTEN FREI in dieser Epoche der "Zeitenwende" sollte man vielleicht bedenken dass der Artikel 20 Abs. (2) des Grundgesetzes der Politik, also dem Bundestag - wenn der entsprechender Wille vorhanden ist - etwas kostbares gibt: nämlich die Möglichkeit nicht nur Wahlen, sondern auch , ich zitiere, "Abstimmungen" auf Bundesebene durchzuhalten - also direkte Demokratie statt reine 100% repräsentative Demokratie per Parlament/Bundestag zu praktizieren. Ich will niemanden hiermit belehren, aber nirgendwo in der Verfassung wird behauptet dass Deutschland eine reine REPRÄSENTATIVE Demokratie sei, also dass Volksabstimmungen bzw. Referenden (sprich DIREKTE DEMOKRATIE) niemals gehalten werden können. ERGO ob wir - das deutsche Volk - den Gürtel enger schnallen wollen oder nicht als Zeichen der praktizierender Solidarität mit der Ukraine sollte eben das Volk entscheiden und nicht Politiker die sich mit Putin sowieso sehr täuschten!

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr B.

vielen Dank für Ihren Meinungsbeitrag. Unabhängig von meiner aufgrund vorhandener Erfahrung eher kritischen Einstellung zu bundesweiten Volksentscheiden spricht unser Grundgesetz in Artikel 20 Abs. 2 davon, dass die Staatsgewalt insbesondere vom Volke durch Wahlen und Abstimmungen ausgeübt wird. Abstimmungen stellen dabei jedoch die große Ausnahme im Verhältnis zu Wahlen dar. Das Grundgesetz sieht solche Abstimmungen nämlich nur in zwei Fällen explizit vor. Das ist erstens die Neugliederung des Bundesgebietes in Art. 29 Abs. 2 GG und zweitens die Verabschiedung einer neuen Verfassung nach Art. 146 GG. In allen anderen Fällen lässt sich die Zulässigkeit von Volksabstimmungen nicht aus dem Grundgesetz ableiten.

Für den zurückhaltenden Einsatz des Mittels der Volksabstimmung im Grundgesetz spricht aus meiner Sicht einiges. Politische Sachverhalte sind nie einfach und eindeutig. Vielmehr werden sie durch Digitalisierung und Globalisierung immer komplexer und vielschichtiger. Keine Entscheidung steht nur für sich. Es ist stets eine Verbindung zu anderen Themen vorhanden und dabei treten vielfältige Wechselwirkungen auf. Ja-Nein-Entscheidungen werden dem nicht gerecht. Vor allem widersprechen sie dem Grundsatz des Minderheitenschutzes, der ein Eckpfeiler unserer offenen, freiheitlichen und pluralistischen Gesellschaft ist.

Dieser aber wird durch unsere repräsentative Demokratie und ihre Mechanismen, durch Koalitionen, Kompromisse, durch Föderalismus und Gewaltenteilung ganz klar erreicht. Kein Gesetz wird vom Bundestag so verabschiedet, wie es eingebracht wurde. Gesetze sind das Ergebnis eines langen und diffizilen Prozesses, in welchem versucht wird, die verschiedenen Positionen zusammenzuführen. Vieles dauert lange. Und kaum etwas wird 1:1 umgesetzt. Umgekehrt werden vielfältige Interessen berücksichtigt und niemand wird überfordert. Das ist eine ganz große Stärke unserer Gesellschaft, wenngleich manch einer anders denkt. Hinzu kommt, dass die Kampagne von Volksabstimmungen sehr leicht von außen mit entsprechenden finanziellen Mitteln zu beeinflussen sind, was wir im Falle des Brexit oder bei der Masseneinwanderungsinitiative der Schweiz gesehen haben.

Mein Verständnis von Politik ist es, zusammen und im Dialog mit den Menschen in meinem Wahlkreis aktiv an der Gestaltung unseres Landes mitzuwirken, für meine Positionen zu werben, gemeinsam die besten Lösungen zu finden und dafür dann auch Verantwortung zu tragen. Es ist viel mehr als nur ein einfaches „ja oder nein“.

Aber verstehen Sie mich auch nicht falsch. Natürlich sehe ich, dass die Bürgerinnen und Bürger heute mehr und aktiver selbst mitgestalten wollen. Das ist im Kern eine sehr positive Entwicklung. Deshalb ist es richtig und wichtig, dass auf allen Ebenen mehr denn je zu direktdemokratischen Mitteln gegriffen wird. Und ebenso ist es richtig, über neue Formen der direkten Demokratie wie den Einsatz von Bürgerräten nachzudenken. Schließlich sind aktive und engagierte Bürger die beste Basis für eine starke und vitale Gesellschaft. Fakt ist aber auch, dass das bewährte Mittel der Mitarbeit in Parteien noch immer eines der effektivsten Mittel ist, um diesem Ziel Rechnung zu tragen. Jeder Bürger ist aufgerufen, sich kommunal, im Land oder auch im Bund zu engagieren. Leider scheint gerade dies in den letzten Jahren für viele zu unattraktiv.

Mit freundlichen Grüßen

Thorsten Frei

 

 

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