Frage an Thomas Völsch von Andreas S. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Völsch,
Sie waren Mitglied im HSH- Untersuchungsausschuss. Wird mit der Abberufung von Dr. No das Problem beseitigt sein?
Ich habe - zugegebenermaßen - das Abschlussdokument noch nicht gelesen. Es hat ja auch einen Umfang von etwa 700 Seiten, wenn ich recht informiert bin und ist für den "Normalo"-Bürger vielleicht etwas lang. Vielleicht kann ich die Lektüre noch nachholen, anstelle eines Krimis, im Urlaub oder in der Freizeit.
Welches war für Sie das allerwichtigste Ergebnis des PUA?
Wie beurteilen Sie das Verhältnis zwischen dem fianziellen Aufwand, der für den PUA anfiel und dem "Ertrag", d.h. den gewonnene Erkenntnissen? Sind diese nach Ihrer Einschätzung "vollständig"? Würde es vielleicht sogar Sinn machen, einen entsprechenden Ausschuss auch in der nächsten Legislatur ins Leben zu rufen?
Und: Welche Folgerungen ziehen Sie aus der Untersuchung für die Zukunft? - für die Aufsicht?
Brauchen wir überhaupt noch "öffentliche" Banken, bzw. Banken mit einer Beteiligung der öffentlichen Hand?
Viele Grüße,
Ihr
Andreas Schmidt
Sasel
Sehr geehrter Herr Schmidt,
wenn man sich etwa eineinhalb Jahre sehr intensiv mit der Bank beschäftigt hat, neigt man leicht dazu, sehr ausführlich zu antworten und die Fragesteller mit Fakten und Informationen zu erschlagen. Ich will versuchen Ihre Fragen kurz und knapp zu beantworten und kann - wenn Sie sich für das Thema interessieren - ihnen tatsächlich den Bericht (Drucksache 19/8300) empfehlen (man muss auch nicht alles durcharbeiten). Im Übrigen habe ich gestern noch einmal „offiziell“ Bilanz gezogen. Die Presseerklärung finden Sie auf meiner Web - Seite ( http://www.thomas-voelsch.de ).
Wird mit der Abberufung von Dr. No das Problem beseitigt sein? Definitiv nein! Es gab u.a. massive strukturelle Probleme in der Bank (z.B. im Risikomanagement), die sich durch eine Abberufung von Dr. Nonnenmacher nicht erledigen.
Welches war für Sie das allerwichtigste Ergebnis des PUA? Eine angesichts der Fülle der Themen sehr schwere Frage. Für die Zukunft ist vielleicht die Erkenntnis besonders wichtig, dass die Bank nicht zufällig in die allgemeine Finanzkrise geschlittert ist, also nicht unschuldiges Opfer war. Bei der Bewertung der Krise der HSH Nordbank reicht der simple Verweis auf die internationale Finanzkrise und auf Lehman Brothers nicht aus. Die HSH wurde - mehr als andere Banken - zum Opfer der Finanzkrise, weil sie im Verhältnis der Bilanzsumme mehr Risiken hielt als andere Banken und weil sie mit dem Management dieser in der Summe zu großen Risiken überfordert war. Aus dieser Erkenntnis müssen wir Konsequenzen für zukünftiges Verhalten ableiten (siehe unten).
Wie beurteilen Sie das Verhältnis zwischen dem finanziellen Aufwand, der für den PUA anfiel und dem "Ertrag", d.h. den gewonnene Erkenntnissen? Uneingeschränkt positiv. Natürlich sind wir nicht fertig geworden (Neuwahl), natürlich haben wir nicht alles bekommen (Mauern durch die Bank) und sicher haben wir nicht alles klären können. Wir haben aber Erkenntnisse gewonnen und Quellen erschlossen (KPMG, Freshfield ...), die der Öffentlichkeit und dem Parlament sonst verschlossen geblieben wären.
Sind diese nach Ihrer Einschätzung "vollständig"? Würde es vielleicht sogar Sinn machen, einen entsprechenden Ausschuss auch in der nächsten Legislatur ins Leben zu rufen? Vollständig ist die Untersuchung sicher nicht, schließlich mussten wir abbrechen und hätten sonst noch eine ganze Reihe von Zeugen gehört. Über eine Fortsetzung muss ggfs. die nächste Bürgerschaft entscheiden. Sicher ist aber, dass unabhängig von dieser Entscheidung, die laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren (z.B. Omega, Prevent usw.) weiterlaufen. Das ist auch gut so!
Welche Folgerungen ziehen Sie aus der Untersuchung für die Zukunft? Die fachlich zuständigen Behörde muss in den Aufsichtsgremien öffentlicher Unternehmen und Beteiligungen besser vertreten sein, es bedarf deutlich verbesserte Prüfungsrechte für das Parlament aber auch für die Rechnungshöfe, die Vertretung der politisch verantwortlichen Behördenleitung in den Aufsichtsgremien der vermögensrelevantesten öffentlichen Unternehmen und Beteiligungen muss sichergestellt sein, wir brauchen einen ständigen Ausschuss der Bürgerschaft für öffentlicher Unternehmen und Beteiligungen, dort muss frühzeitig und umfassend über Neuausrichtungen, Gesamtstrategien und Risiken der öffentlichen Unternehmen und Beteiligungen berichtet werden.
Brauchen wir überhaupt noch "öffentliche" Banken, bzw. Banken mit einer Beteiligung der öffentlichen Hand? Ja, allerdings nicht als international tätige Geschäftsbank sondern beschränkt auf eine Funktion als Bank für die insbesondere mittelständische Wirtschaft im Norddeutschen Raum.
Das war jetzt doch ziemlich viel, sorry.
Herzliche Grüße
Thomas Völsch