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Thomas Strobl
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Frage von Dominik D. •

Frage an Thomas Strobl von Dominik D. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Strobl,

werden Sie der -neuerlichen- Erhöhung der Diäten aufgrund des Tarifabschlusses für die Bundesangestellten zustimmen ? Falls ja, würde mich eine stichhaltige Begründung interessieren, vor allem unter dem Aspekt der Schlagworte: Glaubwürdigkeit, Mitnehmermentalität und Vorbildfunktion. Die "Umlegung" der von Abgeordneten erbrachten Arbeitszeit auf einen - fiktiven- Stundenlohn halte ich in diesem Zusammenhang nicht für stichhaltig, da von jedem Arbeitnehmer in Unternehmen, insbesondere von leitenden Angestellten in den Gehaltsregionen, die denen der Abgeordneten entspricht, eine deutliche Mehrleistung erwartet und NICHT vergütet wird.

Mit freundlichen Grüßen

Dominik Daul

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Daul,

für Ihre E-Mail möchte ich Ihnen sehr herzlich danken. Ihre Enttäuschung und Empörung kann ich nur allzu gut nachvollziehen. In der Öffentlichkeit muss leider in der Tat der Eindruck entstehen, dass die Bundestagsabgeordneten sich mit der zurzeit im Parlament beratenen Erhöhung ihrer Bezüge „schamlos“ selbst bedienen. Ich hätte mir deshalb gewünscht, dass diese Anhebung erst für den nächsten Deutschen Bundestag wirksam geworden wäre. Doch möchte ich auch zu bedenken geben, dass die anstehende Diätenerhöhung unsere Gehälter ausschließlich an die Gehälter der Bürgermeister und Richter angleicht. Sie geht ferner auf einen Beschluss des Deutschen Bundestages zurück, der schon aus dem November des letzten Jahres stammt. Dies mag auf den ersten Blick verwirrend klingen, erklärt sich aber aufgrund von Umständen, die ich in diesem Internetforum bereits an anderer Stelle ausführlich dargelegt und die ich hier - um der besseren Lesbarkeit willen und damit Sie alles im Zusammenhang lesen können - zitieren darf:

Nach dem Grundgesetz (Art. 48 Abs. 3) haben die Mitglieder des Deutschen Bundestages einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine „angemessene“ Entschädigung. Diese soll die Unabhängigkeit der parlamentarischen Arbeit sichern. Die Höhe der Entschädigung - so hat das Bundesverfassungsgericht in seinem grundlegenden Diätenurteil aus dem Jahr 1975 ausgeführt - muss vom Gesetzgeber unter Berücksichtigung der besonderen Bedeutung des Amtes, der mit ihm verbundenen Verantwortung sowie der Gewährleistung der unabhängigen Ausübung des Mandates festgesetzt werden.
Der Frage der „Angemessenheit“ der Diäten sind im Laufe der letzten Jahrzehnte eine ganz Reihe von Gremien und Kommissionen nachgegangen, die auch aus Nichtparlamentariern bestanden. Sie sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Bezüge eines Bundestagsabgeordneten, dessen Wahlkreis durchschnittlich rund 250.000, in meinem Fall knapp 300.000 Einwohner umfasst, an den Bezügen von Bürgermeistern mittlerer Städte orientieren können.
Als vergleichbar wurde auch die Besoldung von Richterbeisitzern auf der Bundesebene angesehen. Gleichwohl wurden diese Vorgaben bislang nicht erreicht. Schon 1977 - im Jahr des Abgeordnetengesetzes - betrugen die Diäten nur rund 90 Prozent dieses Vergleichswertes. In den folgenden Jahren sanken dann die Bezüge auf 76 Prozent des Einkommens eines Bürgermeisters einer mittelgroßen Stadt ab und näherten sich erst nach 1994 unter dem letzten Kabinett Kohl und unter den Kabinetten Schröder dem angestrebten Niveau. Vor dem Hintergrund der damaligen Beschlüsse konnte ich auch nicht die harsche Kritik vom Herbst letzten Jahres nachvollziehen, die FDP und Bündnis 90/Die Grünen an dem Vorschlag der großen Koalition übten, der doch im Kern nichts anderes anstrebte als in den vergangenen Jahren schon angestrebt worden ist: die Angleichung der Diäten an die Einkommen von Bürgermeistern mittlerer Städte. Die letzte Anpassung der Abgeordnetenbezüge vor der Erhöhung des Jahres 2007 erfolgte im Übrigen zum Januar 2003 und betrug 1,9 Prozent. Auch nach diesem Schritt lagen die Diäten noch unter dem angestrebten Referenzwert.
Derzeit erhalten die Mitglieder des Deutschen Bundestages nun ein monatliches Gehalt namens Diät von 7.339 Euro, das - wie alle anderen Einkommen auch - versteuert werden muss. Darüber hinaus erhalten wir keine Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld oder ein zusätzliches Monatsgehalt). Sicherlich: 7.339 Euro sind - absolut betrachtet - sehr viel Geld. Die Mitglieder des Deutschen Bundestages verdienen damit mehr als viele ihrer Wähler. Dem stehen eine sehr große Verantwortung und eine sehr große Arbeitsbelastung gegenüber. Es ist eine Arbeit, die letztlich die ganze Person vereinnahmt. Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang recht herzlich bitten, sehr geehrter Herr Daul, mich nicht falsch zu verstehen: Ich will mich weder über meine Arbeitsbelastung noch über mein Gehalt beklagen. Doch bitte erlauben Sie mir auch darauf hinzuweisen, dass entgegen der gängigen Annahme die Diäten in den letzten Jahrzehnten gegenüber anderen Einkommen nicht überproportional gestiegen, sondern hinter der allgemeinen Entwicklung zurückgeblieben sind.
Seit dem Inkrafttreten des Abgeordnetengesetzes im Jahr 1977 lag im langjährigen Mittel die durchschnittliche prozentuale Steigerung der Diäten unter der der Beamtenbezüge, der Tarifverdienste im öffentlichen Dienst, der Tarifverdienste in der Gesamtwirtschaft und auch der Renten, - ein Umstand, der allerdings weder in den Medien noch im öffentlichen Bewusstsein gegenwärtig ist. Angesichts dieser Entwicklung war meines Erachtens eine Anhebung der Entschädigung im November 2007 möglich und vor dem Hintergrund der derzeitigen wirtschaftlichen Entwicklung auch vertretbar. Wir haben mit dieser Erhöhung letztlich nur den schon seit 1977 angestrebten Referenzwert erreicht und - um uns nicht dem Vorwurf einer willkürlichen Selbstbedienung auszusetzen - damals auch vereinbart, dass eine Anhebung der Entschädigung zukünftig nur noch dann erfolgen soll, wenn sich die Vergütung der mit den Abgeordneten vergleichbaren Bürgermeister und Bundesrichter ändert.

Die Besoldung der Beamten und Richter wird nun aber in Umsetzung des Tarifabschlusses für den Öffentlichen Dienst rückwirkend zum 1. Januar 2008 und dann erneut zum 1. Januar 2009 angehoben. Als Folge dieser aktuellen Änderungen der Richter - und Beamtenbesoldung erhöht sich auch automatisch die Abgeordnetenentschädigung. Diese wird vergleichbar den genannten Orientierungsgrößen zum 1. Januar 2009 um 278,00 € (3,63 %) und zum 1. Januar 2010 um 213,00 € (2,68 %), das heißt im Übrigen auch: mit einjähriger Verzögerung angehoben. Die Höhe des Tarifabschlusses im Öffentlichen Dienst war im November 2007 nicht vorauszusehen, durch ihn entsteht aber nun in der Öffentlichkeit der eingangs geschilderte Eindruck.

Mit freundlichem Gruß
Ihr Thomas Strobl