Portrait von Thomas Strobl
Thomas Strobl
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Thomas Strobl zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Eduard S. •

Frage an Thomas Strobl von Eduard S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Strobl,
in der "Heilbronner Stimme" wurden Sie und und andere Abgeordnete zu Ihrem Simmverhalten, die Diätenerhöhung betreffend, befragt. Unter anderem wird die Erhöhung dabei mit der geplanten Absenkung der Alterseinkünfte der Parlamentarier begründet. Meine Frage: Wurden eigentlich die bereits durchgeführten Absenkungen bei Pensionären irgendwann einmal auch auf die Abgeordnetenpensionen angewandt oder wird die Diätenerhöhung jetzt mit Absenkungen bei den Alterseinkünften begründet, die andere Berufsgruppen schon lange hinter sich haben?

Mit freundlichen Grüßen
Eduard Schulz

Portrait von Thomas Strobl
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schulz,

für Ihre Anfrage möchte ich Ihnen sehr herzlich danken. Die Anpassung der Diäten wird nicht mit der gleichzeitigen Absenkung der Altersentschädigung begründet. Nach dem Grundgesetz (Art. 48 Abs. 3) haben die Mitglieder des Deutschen Bundestages einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine „angemessene“ Entschädigung. Diese soll die Unabhängigkeit der parlamentarischen Arbeit sichern. Die Höhe der Entschädigung – so hat das Bundesverfassungsgericht in seinem grundlegenden Diätenurteil aus dem Jahr 1975 ausgeführt – muss vom Gesetzgeber unter Berücksichtigung der besonderen Bedeutung des Amtes, der mit ihm verbundenen Verantwortung und auch Belastung sowie der Gewährleistung der unabhängigen Ausübung des Mandates festgesetzt werden.

Der Frage der „Angemessenheit“ der Diäten sind im Laufe der letzten Jahrzehnte eine ganz Reihe von Gremien und Kommissionen nachgegangen, die auch aus Nichtparlamentariern bestanden. Sie sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Bezüge eines Bundestagsabgeordneten, dessen Wahlkreis durchschnittlich rund 250.000, in meinem Fall knapp 300.000 Einwohner, umfasst, an den Bezügen von Bürgermeistern kleinerer Kommunen orientieren können. Als vergleichbar wurde auch die Besoldung von Richterbeisitzern auf der Bundesebene angesehen.

Gleichwohl wurden diese Vorgaben bis heute nicht erreicht. Schon 1977 – im Jahr des Abgeordnetengesetzes – betrugen die Diäten nur rund 90 Prozent dieses Referenzwertes. In den folgenden Jahren rutschten die Bezüge dann auf 76 Prozent des Einkommens eines Bürgermeisters ab und näherten sich erst nach 1994 unter dem letzten Kabinett Kohl und unter den Kabinetten Schröder dem angestrebten Niveau. Vor dem Hintergrund der damaligen Beschlüsse kann ich deshalb im Übrigen nicht die harsche Kritik nachvollziehen, die FDP und Bündnis 90/Die Grünen derzeit an dem Vorschlag der großen Koalition üben, der doch im Kern nichts anderes anstrebt als in den vergangenen Jahren schon angestrebt worden ist: die Angleichung der Diäten an die Einkommen von Bürgermeistern kleinerer Kommunen. Die letzte Anpassung der Abgeordnetenbezüge erfolgte im Übrigen zum Januar 2003 und betrug 1,9 Prozent. Auch nach diesem Schritt lagen die Diäten noch unter dem Referenzwert.

Derzeit erhalten die Mitglieder des Deutschen Bundestages nun ein monatliches Gehalt namens Diät von 7.009 Euro, das – wie alle anderen Einkommen auch – versteuert werden muss. Darüber hinaus erhalten wir keine Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld oder ein zusätzliches Monatsgehalt). Sicherlich: 7.009 Euro sind – absolut betrachtet – sehr viel Geld. Die Mitglieder des Deutschen Bundestages verdienen damit mehr als viele ihrer Wähler. Dem stehen eine sehr große Verantwortung und eine sehr große Arbeitsbelastung gegenüber. Es ist eine Arbeit, die letztlich die ganze Person vereinnahmt.

Ich möchte Sie recht herzlich bitten, sehr geehrter Herr Schulz, mich nicht falsch zu verstehen. Ich will mich weder über meine Arbeitsbelastung noch über mein Gehalt beklagen. Doch bitte erlauben Sie mir auch darauf hinzuweisen, dass entgegen der gängigen Annahme die Diäten in den letzten Jahrzehnten gegenüber anderen Einkommen nicht überproportional gestiegen, sondern hinter der allgemeinen Entwicklung zurückgeblieben sind. Seit dem Inkrafttreten des Abgeordnetengesetzes im Jahr 1977 liegt im langjährigen Mittel die durchschnittliche prozentuale Steigerung der Diäten unter der der Beamtenbezüge, der Tarifverdienste im öffentlichen Dienst, der Tarifverdienste in der Gesamtwirtschaft und auch - dies möchte ich insbesondere mit Blick auf Ihre Frage hinzufügen - der Renten. Allerdings ist dieser Umstand weder in den Medien noch im öffentlichen Bewusstsein gegenwärtig.

Angesichts dieser Entwicklung ist meines Erachtens eine Anhebung der Entschädigung möglich und vor dem Hintergrund der derzeitigen wirtschaftlichen Entwicklung auch vertretbar, – der letzte Tarifabschluss in der Metallindustrie brachte beispielsweise eine Lohnsteigerung von 4,1 Prozent. Wenn nun – nach dem Vorschlag der großen Koalition – die Diäten zum 1. Januar 2008 um 330 Euro und zum 1. Januar 2009 noch einmal um 329 Euro angehoben werden, was einer Steigerung von rund 4,5 Prozent pro Jahr entspräche, so wird man meines Erachtens nicht von einer übermäßigen Erhöhung sprechen können.

Wir erreichen damit letztlich nur den schon 1977 angestrebten Referenzwert und eine Anhebung der Entschädigung soll zukünftig nur noch dann erfolgen, wenn sich die Vergütung der mit den Abgeordneten vergleichbaren Bürgermeister und Bundesrichter ändert.

Nur darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Diätenerhöhung an eine Absenkung der Altersversorgung mit der Folge gekoppelt wird, dass schon der erste Schritt der Anpassung der Diäten zum 1. Januar 2008 mit einer Absenkung des Steigerungssatzes der Altersversorgung um 16 % einhergeht. Die Alters- und die Hinterbliebenenversorgung für die Abgeordneten und ihre Familien sind ebenfalls Bestandteil des Anspruchs auf angemessene Entschädigung nach dem Grundgesetz.

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages erhalten eine öffentlich-rechtliche Altersversorgung. Dieses Modell wurde gewählt, weil es die auch für andere öffentliche Ämter in der Bundesrepublik ebenfalls eingeführte Versorgungsform ist. Die Altersentschädigung der Abgeordneten ist im Gegensatz zu einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung voll zu versteuern; private Erwerbseinkünfte vor Vollendung des 65., zukünftig des 67. Lebensjahres, werden voll auf die Altersentschädigung angerechnet.

Die Höhe der Altersentschädigung wird von bisher 3 Prozent zukünftig für jedes Jahr der Mitgliedschaft im Bundestag auf 2,5 Prozent der monatlichen Abgeordnetenentschädigung abgesenkt. Vor 1995 betrug sie im Übrigen noch 4 Prozent. Der Höchstsatz wird erst nach 27-jähriger Mitgliedschaft im Bundestag erreicht. Eine so lange Zugehörigkeit zum Bundestag ist die absolute Ausnahme und setzt voraus, dass der Abgeordnete sieben Mal in den Bundestag gewählt worden ist. Tatsächlich scheiden aber 40 Prozent der Abgeordneten bereits nach zwei Wahlperioden wieder aus dem Bundestag aus.

Darüber hinaus wird die Anhebung der Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung („Rente mit 67“) mit der stufenweisen Anhebung der Altersgrenze für die Altersentschädigung von dem 65. Lebensjahr auf das 67. Lebensjahr wirkungsgleich umgesetzt.

Bei einer Umstellung von der öffentlich-rechtlichen Alterversorgung auf ein anderes System würden bis auf weiteres erhebliche Mehrkosten für den Bundeshaushalt anfallen, da auch zukünftig Pensionsleistungen aus der bisherigen Altersversorgung vom Bund aufzubringen wären. Eine unabhängige Kommission kam darüber hinaus bereits 1993 nach sorgfältiger Abwägung zu dem Ergebnis, dass eine Umstellung der Altersversorgung für Abgeordnete auf Versicherungsbasis nicht kostengünstiger wäre.

Möglicherweise lassen diese Argumente die in Aussicht genommene Anpassung der Diäten in einem anderen Licht erscheinen.

Mit freundlichem Gruß
Ihr Thomas Strobl