Frage an Thomas Strobl von Patrick N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Strobl,
laut Medienberichten haben Sie sich zur Frage einer möglichen Einführung der Ehe für Homosexuelle dahingehend geäußert, dass Ihre Partei nicht daran denke, das Thema in dieser Legislaturperiode noch aufzugreifen und "wir [...] uns an unsere Verabredungen [im Koalitionsvertrag] halten [sollten]".
Da ich es nicht weiß, gehe ich jetzt einmal wohlwollend davon aus, dass sie in ihrem Koalitionsvertrag wahrscheinlich nicht explizit die Beibehaltung einer (nach andauernder Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes) offensichtlich grundgesetzwidrigen Gesetzgebung vereinbart haben. Falls doch, korrigieren Sie mich bitte.
Aus diesem Grund stellt sich mir folgende Frage: Wollten Sie mit Ihren Äußerungen zum Ausdruck bringen, dass unsere Bundesregierung ein solches Gesetz in dieser Legislaturperiode nicht mehr zur Abstimmung bringen wird, weil sie einfach keine Lust dazu hat(!), den deutschen Bürgern ihre ihnen grundgesetzlich zustehenden Rechte zu gewähren? Dass die Regierung es sich nicht leisten kann oder will, auch einmal eine Entscheidung einzuschieben, die nicht im Koalitionsvertrag vorgesehen ist, auch wenn sie die Grundrechte vieler Bürger betrifft? Und falls nicht, was wollten Sie dann damit sagen?
Sehr geehrter Herr Neumann,
haben Sie vielen Dank für Ihre Zuschrift vom 28. Mai, die ich mit Interesse gelesen habe.
Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir bestehende Diskriminierungen von Lebenspartnern abbauen. Das haben wir als Union im Erbrecht, im Rentenrecht, bei der Sukzessivadoption und mehrfach im Steuerrecht gemacht. Gerade im Steuerrecht habe ich mich persönlich für mehr Gleichbehandlung engagiert.
Seien Sie versichert, es entgeht der Union nicht, was in unserem eigenen Land und um uns herum in Europa passiert. Wir müssen uns in der CDU als Partei, für die Ehe und Familie seit jeher eine ganz besondere Bedeutung hat, der Herausforderung stellen, dass sich unsere Gesellschaft und die Art des Zusammenlebens in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert haben. Damit meine ich, dass das Ehe- und Familienbild, welches die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes im Sinn hatten und das Familienbild der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, vielfach nicht mehr den Realitäten des 21. Jahrhunderts entspricht.
Es ist an der Zeit, dass wir innerhalb der Partei eine Debatte über die Fortentwicklung ganz zentraler Institutionen unseres Zusammenlebens führen. Dies ist ein langwieriger Prozess und es ist für die Union ja, ehrlich gesagt, auch ein schwieriger Prozess. Deshalb erwarten Sie bitte von uns keine schnellen Lösungen. Wir bewegen uns vorsichtig auf diesem Feld. Das heißt aber nicht, dass wir uns gar nicht bewegen – nur brauchen grundlegende Debatten eben ihre Zeit. Und die Zeit zur Diskussion in der CDU nehmen wir uns weiter.
Mit den besten Grüßen
Ihr Thomas Strobl