Frage an Thomas Strobl von Elmar P. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Strobl,
Wie Sie wissen heißt es im Grundgesetz: "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt." Und wie auch die CDU und die bayrische CSU anerkannt hat, ist der gesetzliche Mindestlohn teil der Menschenwürde.
Nun meine Frage:
Warum darf dann ein menschenwürdiger gesetzlicher Mindestlohn nicht für alle gelten? Warum können wir uns keinen gesetzlichen menschenwürdigen Mindestlohn für Langzeitarbeitslose, Saisonarbeiter, Zeitungsboten (Stückpreisbezahlung) und Praktikanten nach der Berufsausbildung leisten? Warum müssen sich diese Menschen danach erst bis zum Bundesverfassungsgericht durchklagen, damit auch für diese die Menschenwürde gilt?
Jetzt schon vielen Dank für Ihre Antwort und mit freundlichen Grüßen
Elmar Pfarr
Sehr geehrter Herr Pfarr,
zunächst möchte ich Ihnen für Ihre Frage auf der Seite abgeordnetenwatch.de danken.
Das christliche Menschenbild sagt uns, dass ein auskömmlicher Lohn für geleistete Arbeit auch Ausdruck der Würde des Menschen ist. Aus diesem Grund hat sich die CDU in der Vergangenheit immer für einen tariflich festgelegten Mindestlohn eingesetzt. Im Koalitionsvertrag mit der SPD haben wir uns nun auf einen anfänglichen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro geeinigt. Grundsätzlich gilt der Mindestlohn für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir haben jedoch darauf geachtet, dass möglichst geringe Auswirkungen auf die Beschäftigung eintreten. Auch für Saisonarbeiter gilt somit der Mindestlohn ab 2017, allerdings können Kost und Logis als Arbeitsentgelt – wie bisher auch – angerechnet werden. Zudem sind sie bis zu 70 Tage im Jahr von der Sozialversicherungspflicht befreit. Ebenso streben wir für Zeitungsaussteller bis 2017 einen gesetzlichen Mindestlohn an: Derzeit hätte dieser jedoch massive Entlassungen zur Folge, weshalb wir eine stufenweise Erhöhung für angebracht halten. Eine sofortige Umsetzung würde außerdem die ohnehin strukturschwachen Gebiete im ländlichen Bereich besonders treffen. Dies ist nicht im Sinne einer Stärkung des ländlichen Raums. Arbeitgeber können zudem in den ersten sechs Monaten vom Mindestlohn abweichen, wenn Langzeitarbeitslose einen Job finden. Die Union möchte hiermit Anreize schaffen, damit Langzeitarbeitslose wieder eine Chance bekommen. Die Auswirkungen dieser Regelung wollen wir in zwei Jahren überprüfen. Ein Praktikum hingegen ist kein Arbeitsverhältnis. In erster Linie zielen Praktika darauf ab, Orientierung zu geben, Interessen auszubilden und zusätzliche Qualifikationen zu entwickeln. Ein Mindestlohn von 8,50 €, und somit von bis zu 1400 € im Monat, würde viele Unternehmen abschrecken und die Zahl der Praktikumsplätze reduzieren. Wir müssen jedoch unterscheiden zwischen studienbegleitenden Praktika, die von der Studienordnung vorgesehen sind, und freiwilligen Orientierungspraktika. Erstere sind grundsätzlich vom Mindestlohn ausgenommen, letztere nur bis zu einer Dauer von drei Monaten. Damit wollen wir den Missbrauch von Praktika verhindern. In der Hoffnung, mit dieser Darlegung auf Verständnis und Akzeptanz zu stoßen, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Thomas Strobl MdB