Portrait von Thomas Strobl
Thomas Strobl
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Thomas Strobl zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Alfred B. •

Frage an Thomas Strobl von Alfred B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Hr. Strobl,

für alles mögliche in der aktuellen Politik lässt sich ein Haar in der Suppe finden, über das man trefflich diskutieren kann (Rettungsschirm usw.).

Worüber man aber nicht diskutieren darf oder kann, das sind Grundrechte. Ich bin schlicht fassungslos, das MEIN gewählter Abgeordneter, den ich mit einem Wählerauftrag in den Bundestag schicke, künftig nur noch die Fraktionsmeinung vertreten darf? Das der nur noch reden darf, wenn die Fraktion zustimmt?

Ich kenne Ihre Auffassung von Demokratie nicht. Meine ist eine andere.

Frage: für wie "demokratisch" halten Sie diese Entscheidung? Was ist Ihre Begründung für diesen unfassbaren Beschluss?

Portrait von Thomas Strobl
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Bulenz,

ich danke Ihnen für Ihre Nachfragen zum derzeit in die Schlagzeilen gerückten Rederecht der Bundestagsabgeordneten. Die Ihrige wie auch viele andere Zuschriften haben ein breites Missverständnis der geplanten Neuregelung der Geschäftsordnung offenbart. Dazu möchte ich Ihnen Folgendes sagen:

Zunächst ist es sehr begrüßenswert, dass sich die Fraktionsführungen noch einmal intensiv mit den Vorschlägen des Geschäftsordnungsausschusses auseinandersetzen werden und das Thema insgesamt im Bundestag gründlich beraten wird, da die bisherige Diskussion oftmals aufgrund falscher Vorstellungen oder fehlender Informationen über die geplanten Neuregelungen geführt wird.

Im Gegensatz zu einigen Pressemeldungen beabsichtigt der Geschäftsordnungsausschuss des Bundestages nämlich keine Regelung, nach der Abgeordneten, die nicht die Mehrheitsmeinung ihrer Fraktion teilen, das Wort in einer Plenardebatte verwehrt werden soll. Das Rederecht aller Abgeordneten ist - wie Sie richtig anmerken - verfassungsrechtlich verbürgt; dieses kann und soll durch die Geschäftsordnung des Bundestages überhaupt nicht aufgehoben werden.

Den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP im Ausschuss geht es stattdessen darum, eine Regelung für den Ablauf von Plenardebatten zu schaffen, die einerseits die Funktionsfähigkeit des Parlaments und andererseits das Rederecht jedes einzelnen Abgeordneten, egal welche Auffassung er vertritt, sicherstellt.

Der Geschäftsordnungsausschuss schlägt daher vor, dass sich der Präsident vor der Worterteilung an Abgeordnete, die eine abweichende Meinung vertreten, mit allen Fraktionen „ins Benehmen setzt“. Dies bedeutet nicht, dass der Präsident die Zustimmung der Fraktionen zu seiner Entscheidung benötigt; vielmehr soll er die Fraktionen über seine Entscheidung lediglich vorab informieren und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme geben, was bisher aus Gründen der Organisationserleichterung auch schon geschehen ist. Auch die vorgeschlagene Redezeit für diese Abgeordneten soll nur „in der Regel“ auf drei Minuten (bisher fünf) begrenzt werden. Insoweit soll auch hier dem amtierenden Präsidenten ein Ermessensspielraum für längere Redezeiten eingeräumt werden, etwa bei besonderer politischer Bedeutung einer Debatte oder abhängig von der Anzahl der beantragten zusätzlichen Wortbeiträge. In jedem Fall behält der Präsident die letzte Entscheidung sowohl über die Zulassung als auch über die Dauer und Platzierung des Redebeitrags.

Es ist daher unbedingt notwendig, diese angestoßene Debatte auf der Grundlage und in Kenntnis der wirklichen Tatsachen zu führen und die Kirche im Dorf zu lassen. Von einer Beschneidung der Rechte der Abgeordneten oder gar von einer „Maulkorb-Verordnung“ kann keine Rede sein. Und ganz sicher hängt von der angedachten und einer breiten Mehrheit der Fraktionen gewünschten Neuregelung weder Wohl und Wehe noch die nackte Existenz einer parlamentarischen Demokratie ab.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Strobl