Frage an Thomas Strobl von Frank N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Werter Herr Thomas Strobl,
Ich habe heute die Bundestagdebatte zum Thema Wahlrecht aufmerksam verfolgt.
Ich verstehe die ganze Debatte nicht!
Das Volk will eine demokratische Wahl und keine Wahl wo Parteien ca. 50. der Kanditaten über die Landeslisten in die Parlamente bringt, Das volk will abgeordnete, welche das Volk auch vertreten und zu dem sie auch Vertrauen haben. Zur Zeit ist es nicht möglich Spitzenpolitiker abzuwählen.
Deshalb ein Vorschlag, Es werden grundsätzlich keine Parteien mehr gewählt, sondern es kommen nur noch Direktkanditaten in das Parlament. Es gibt also nur noch eine einzige Stimme zu den Wahlen.
Den Wahlbezirken werden je nach Parlamentsstärke je nach Wählerzahl ein oder mehrere Abgeordnete zugestanden. Bedingungen für eine Kanditatur ist der Hauptwohnsitz muss im Wahlkreis sein!!!! Nichtwähler könnten somit auch berücksichtigt werden, in dem die Nichtwähler prozentual bestimmen, ob die Anzahl der Kanditaten auch 100%ig in die Parlamente kommen.
BSP. Ein Wahlkreis hat 4 Abgeordnete bei 100%iger Wahlbeteiligung. gehen jedoch nur 50% zur Wahl kann eben dieser wahlkreis nur 2 Abgeordneten ins Parlament schicken. Das Parlament darf die fehlenden Abgeordneten auch nicht austocken. Das Volk ist nach grundgesetz immer noch der Souverän und keine Partei oder Abgeordnete.
Den Volk ist es gleich welche Parteien regiert, sondern es will eben Abgeordnete haben welche das Volk auch vertritt.
Was halten Sie von diesen Vorschlag?
Viele Grüße
Frank Neumann
Sehr geehrter Herr Neumann,
für Ihre Anfrage zum Thema „Demokratie und Bürgerrechte“ danke ich sehr.
Zuerst möchte ich Ihnen ein Kompliment machen. Dass Sie die Debatte zum Wahlrecht verfolgt haben, zeugt von hohem politischen Interesse, denn das Wahlrecht ist aufgrund seiner Kompliziertheit keine leichte „Kost“. Es sind stets die am Gemeinwesen besonders interessierten und verantwortungsbewussten Bürger, die sich mit diesem Thema befassen. Und das nötigt mir Respekt ab.
Zum Hintergrund der aktuellen Wahlrechtsdebatte ist anzumerken, dass nicht die Gesamtheit des Bundeswahlgesetzes zur Disposition steht. Die Debatte ergab sich einzig aus der verfassungsrechtlichen Kritik an einem Teilaspekt, dem Phänomen des sog. „negativen Stimmgewichts“. Damit ist gemeint, dass es nach geltender Rechtslage Fälle geben kann, in denen eine Partei Sitzverluste trotz hinzugewonnener Stimmen erleidet oder umgekehrt einen Sitzgewinn verbuchen kann, obwohl sie Stimmen verloren hat. Diese widersinnige Folge muss, da eindeutigverfassungswidrig, behoben werden. Ausschließlich darum geht es im Moment.
Meine Aufgabe als Vorsitzender des Wahlprüfungsausschusses war es daher auch nicht, Vorschläge zu einer kompletten Neugestaltung des Wahlrechts zu beurteilen, geschweige denn einzubringen (was im Übrigen Aufgabe der für Wahlrechtsfragen zuständigen Ausschüsse für Inneres und für Recht ist), sondern einzig und allein Stellung dazu zu nehmen, inwieweit die Gesetzentwürfe von Grünen, Linken und SPD das Problem des „negativen Stimmgewichts“ angehen.
Insofern kann ich im Moment auch Ihre Vorschläge nicht unmittelbar in meine parlamentarische Arbeit einfließen lassen, da Ihre Überlegungen grundsätzlicher Natur sind und den Rahmen des uns vom Verfassungsgericht auferlegten Reformauftrags sprengen. Dennoch danke ich Ihnen für Ihre Anregungen, die ich mit Interesse gelesen habe. Ich sympathisiere durchaus mit dem Gedanken, mehr direkt gewählten Kandidaten einen Platz im Parlament einzuräumen, da diese unmittelbar gewählten Parlamentarier den Volkswillen am besten abbilden. Nicht zuletzt deshalb wandte ich mich ja auch in der Plenardebatte entschieden gegen die Reformvorschläge der Grünen, Linken und SPD, die bezeichnenderweise das Gegenteil möchten. Sie zielen darauf ab, das gleichsam „basisdemokratische“ Element des Wahlrechts zu schwächen und die Zahl der Direkt- bzw. Überhangmandate zugunsten der Parteilisten-Sitze zu reduzieren. Dem werde ich keinesfalls zustimmen und weiß mich darin mit Bürgern wie Ihnen einig.
Insofern danke ich noch einmal für Ihren Beitrag und verspreche, dass ich auch Ihren weitergehenden Überlegungen hinsichtlich einer Koppelung der Sitzvergabe an die Quote der Wahlbeteiligung gewissenhaft prüfen und ggf. in meine parlamentarische Arbeit einbeziehen werde, wenn es zu einer Erörterung weitergehender Wahlrechtsreformen kommt.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Strobl