Frage an Thomas Strobl von Christoph K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Strobl,
wir alle haben uns gefreut, als die innerdeutsche Mauer 1989 fiel. Aber verschiedentlich (allerdings eher selten) ist die Mauer zwischen Israel und dem Gaza-Streifen Thema in der Presse. Ich bin entsetzt davon zu erfahren. Stehen wir als Deutsche aufgrund unserer Historie nicht in der Verantwortung vehement gegen jedwede Mauer die Völker trennt vorzugehen? Der Eindruck, dass diese Mauer völkerrechtswidrig ist, drängt sich auf. Wie werden Sie dieses Thema behandeln?
Mit freundlichen Grüßen,
Christoph Köble
Sehr geehrter Herr Köble,
recht herzlichen Dank für Ihre Anfrage zum Thema „Außenpolitik.“
Ich stimme Ihnen darin zu, dass es grundsätzlich wünschenswert ist, existierende Barrieren zwischen Menschen abzubauen, egal ob diese Barrieren die Form einer Mauer, von Stacheldraht oder Zäunen haben oder ob sie immaterieller Natur sind, im Sinne tief sitzender Vorurteile. Deswegen ist es auch außenpolitischer Kurs meiner Partei, alle diplomatischen Möglichkeiten zu nutzen, um die Verständigung zwischen den Völkern permanent zu verbessern.
Nicht immer allerdings kann man dies in effizienter Weise tun, weil eine direkte Einmischung in die inneren Angelegenheiten fremder (oder selbst befreundeter) Länder allen internationalen Gepflogenheiten widerspricht. Sie muss deshalb vermieden werden, will man nicht Komplikationen auslösen, die schlimmere Folgen haben als das ursprüngliche Problem selbst, um dessen Lösung man sich bemüht.
Übertragen auf den konkret von Ihnen angesprochenen Fall der Mauer im Gaza-Streifen heißt dies, dass wir uns mit den Partnern in Europa und der Welt für eine friedliche Gesamtlösung einsetzen müssen, die alle Aspekte zu berücksichtigen hat, auf die es ankommt. Vornehmlich zu nennen wäre hier das Existenzrecht Israels. Hier wäre schon viel erreicht, wenn endlich alle palästinensischen Gruppen dieses Recht anerkennen und dem Weg des Terrors glaubhaft abschwören würden, der diesem Existenzrecht entgegensteht.
Tatsache ist ja, dass die von der Jerusalemer Regierung errichtete Barriere nicht wie die Berliner Mauer dazu diente, die eigenen Menschen einzusperren, um sie an der Landesflucht in die Freiheit zu hindern. Die Mauer im Gaza-Streifen verfolgt vielmehr umgekehrt den Zweck, das eigene Staatsvolk zu schützen, indem es das Eindringen gewaltbereiter Israelgegner von außen verhindert. Deshalb ist diese Barriere ja auch von den Israelis selbst gewollt, was bei der Berliner Mauer und den betroffenen Ostdeutschen so nie der Fall war.
Im Hinblick auf die Gaza-Barriere muss deshalb auch anders, mit anderen Argumenten, und in steter Beachtung der lokalen Besonderheiten im Nahen Osten, eine Problemlösung angestrebt werden. Unverzichtbar ist dabei, den Dialog mit allen beteiligten Parteien zu suchen, auch den palästinensischen Bewohnern des Gaza-Streifens. Sie besonders müssen auf ihrem Weg zu einem Gemeinwesen, das auf Terrorismus verzichtet, nachdrücklich politisch und wirtschaftlich unterstützt werden. Barrieren überwindet man nämlich am schnellsten dadurch, dass man mithilft, die Bedingungen zu ändern, die zu ihrer Errichtung führten.
Abschließend will ich Ihnen nicht verhehlen, wie sehr mich der Konflikt im Nahen Osten beschäftigt und dass ich nach mehreren Reisen in die dortige Region die Hoffnung verloren habe, dass es in Israel und den Palästinensergebieten schnell zu einer friedlichen Koexistenz kommen wird.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Strobl MdB