Frage an Thomas Strobl von Brian K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Strobel,
Sie haben für das Gesetz zur Einrichtung von Internetsperren gestimmt. Ich habe einige Fragen dazu an Sie:
- Wie begegnen Sie dem Einwand, dass der vorgelegte Entwurf eine - verfassungswidrige - Aufhebung der Gewaltenteilung vorsieht?
- Bitte zitieren Sie eine seriöse Quelle, die den Nutzen von Internetsperren wissenschaftlich belegt.
- Wie beurteilen Sie die Antwort des BMFSFJ auf die kleine Anfrage der FDP zum Thema?
Vielen Dank und Grüße
Brian Kohn
Sehr geehrter Herr Kohn,
vielen Dank für Ihren Beitrag. Sie stellen drei gezielte Fragen, die ich ebenso punktgenau beantworten möchte.
Zunächst aber erlaube ich mir eine Richtigstellung. Sie sprechen einleitend von einem „Gesetz zur Einrichtung von Internetsperren“. Ich darf darauf verweisen, dass es ein Gesetz dieses Namens nicht gibt. Sie meinen vermutlich das „Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen“, in dem es auch – wenngleich nicht zentral - um die Möglichkeiten einer Sperrung einschlägiger Webseiten geht. Sinn dieser Sperrung ist übrigens Prävention und Schutz – nicht nur von Kindern, sondern auch von erwachsenen Internetbenutzern. Beispielsweise sollen Web-Surfer davor bewahrt werden, sich unnötig dem Risiko einer Strafverfolgung nach § 184 b Strafgesetzbuch auszusetzen, die unter Umständen bereits nach dem „zufälligen“ Besuch kinderpornographischer Seiten stattfinden könnte (worauf der Bundesgerichtshof am 10.10.2006 hingewiesen hat – BGH 1 StR 430/06). Nicht also Gängelung mündiger Bürger ist die Absicht, sondern deren Schutz vor unerwarteten juristischen Folgen des eigenen Tuns.
Doch nun zu Ihren konkreten Fragen:
Auf den Einwand, der Gesetzentwurf (inzwischen mit Parlamentsmehrheit beschlossen) sei verfassungswidrig, möchte ich erwidern: Die einzige Instanz, die autoritativ darüber entscheiden kann, was verfassungswidrig ist und was nicht, ist das Bundesverfassungsgericht. Äußerungen von anderer Seite sind reine Mutmaßungen, die zwar zulässig, aber unverbindlich sind. Dazu zählen auch die Ansichten einiger weniger Mitglieder der Opposition, die im Moment eine Organklage beim Verfassungsgericht gegen das Gesetz angestrengt haben, weil sie bei der Abstimmung ihre Rechte als Parlamentarier verletzt wähnten. Ich bin überzeugt, dass Karlsruhe dieser Klage, deren Substanz ich mit der überwältigenden Mehrheit meiner Kollegen nicht erkennen kann, eine klare Absage erteilen wird.
Was die Frage nach seriösen Quellen für den Nutzen von Internet-Sperren angeht, können solche natürlich nur da existieren, wo bereits entsprechende Maßnahmen ergriffen wurden, also innerhalb Europas in 13 Ländern (darunter Belgien, Finnland, Großbritannien und Italien). Tatsächlich gibt es dort Auswertungen zum Thema Netzsperren, die von der EU gesammelt werden und die einen merklichen Erfolg solcher Filterprogramme belegen. Auf Deutschland bezogen existieren solche Untersuchungen natürlich noch nicht, mangels bisheriger Versuche, Sperrungen bei uns vorzunehmen. Insofern ist das „Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen“ auch ein erster Versuch, Erkenntnisse gerade auch in Deutschland zu gewinnen - daher auch die nach zwei Jahren explizit vorgesehene Evaluierung seiner Bestimmungen! Diese Evaluierung wird helfen - ja ermöglicht es überhaupt erst -, eine zuverlässige Gesamtbeurteilung über den Nutzen von Internetsperren im deutschen Hoheitsgebiet vorzunehmen. Deren Ergebnis sollten wir daher nun abwarten.
In Ihrer letzten Frage erkundigen Sie sich nach meiner Meinung zur Antwort des BMFSFJ auf die kleine Anfrage der FDP zum Thema. Auch hier muss ich vorab eine Richtigstellung vornehmen. Die Antwort kam nicht, wie Sie behaupten, aus Frau von der Leyens Ministerium. Sie stammt aus dem Wirtschaftsministerium Freiherr zu Guttenbergs, genauer von dessen Staatssekretär Dr. Bernd Pfaffenbach. Dies ist auch kein Zufall. Internetkriminalität zählt zu den Außenhandelsverbrechen, deren Bekämpfung zu den Ressortpflichten des Wirtschaftsministeriums gehört. Was nun den Inhalt der Antwort angeht, zu der Sie meine Einschätzung hören wollen, kann ich mich kurz fassen. Ich stimme den Ausführungen Herrn Pfaffenbachs – eines über alle Parteigrenzen hinweg anerkannten Fachmanns, der zwischen 2001 und 2004 wirtschaftspolitischer Berater Bundeskanzler Schröders war - voll zu.
Ich hoffe, Ihre Fragen damit beantwortet zu haben, und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Ihr
Thomas Strobl MdB