Frage an Thomas Strobl von Nico G. bezüglich Kultur
Sehr geehrter Herr Strobl,
schon seit längerem verfolge ich besorgt die Diskussion über gewalthaltige Computerspiele (den Begriff "Killerspiele" werde ich hier nicht benutzen, weil ein solch Populistischer Begriff in einer ernsthaften Diskussion nichts zu suchen hat) und muss oft feststellen, dass, sehr oft auch von ihrer Partei, Unwahrheiten und hetzerische Parolen geäußert werden. Nun frage ich mich wie hier eine ernsthafte Diskussion geführt werden soll, wenn offenkundig kaum jemand in den Parteien eine Vorurteilsfreie Meinung über die besagten Spiele hat. Und gewisse Äußerungen, lassen darauf schließen, dass viele Politiker auch keine Ahnung von diesem Thema haben.
Ich kann verstehen das es nicht einfach ist, diese Amokläufe zu verhindern, aber man sollte die Computerspiele nicht als Sündenbock hinstellen und Verbieten, weil es sicherlich nicht der Auslöser solcher Taten ist. Vielmehr sollte die Medienkompetenz der Eltern und Lehrer verbessert werden, da diese in solchen Dingen häufig überfordert sind. Wir haben hier in Deutschland bereits einen sehr guten Jugendschutz und besagte Spiele werden bereits Indiziert oder erscheinen hierzulande erst gar nicht (ein indiziertes Spiel, darf nicht beworben oder öffentlich zum Verkauf angeboten werden, darf nur auf Anfrage und natürlich nur an Erwachsene Verkauft werden) und werden somit für Kinder und Jugendliche unzugänglich gemacht. Als Erwachsener möchte ich aber nicht bevormundet werden, was aber der Fall sein wird, wenn die Empfehlung der Innenminister umgesetzt wird und als Erwachsener Bürger möchte ich selbst entscheiden ob und was ich am PC Spiele. Des weiteren kann es nicht im Interesse unserer Regierung liegen, die vielen PC Spieler zu kriminalisieren, was mit dem Verbot aber unweigerlich geschehen würde.
Nun würde ich gerne ihre Meinung dazu hören und wissen ob sie sich gegen ein solches Verbot einsetzen oder dafür ?
Sehr geehrter Herr Gysin,
für Ihre Anfrage zum Thema Kultur danke ich Ihnen recht herzlich. Ihre Ausführungen habe ich mit Interesse gelesen und komme gerne Ihrem Wunsch nach, meine Position im Zusammenhang mit sogenannten „Killerspielen“ zu verdeutlichen. Meine Antwort ist dabei als grundsätzliches Statement aufzufassen und daher im Wortlaut nahezu identisch mit Erwiderungsschreiben auf Bürgerbriefe zum Thema, die ich in den letzten Wochen verstärkt bekommen habe.
Der schreckliche Amoklauf von Winnenden hat uns alle, die Politik, die Gesellschaft, jeden einzelnen von uns erneut vor die Frage gestellt, wie es geschehen kann, dass ein junger Mensch eine solche Bluttat begeht, und wie wir eine derartige Tragödie künftig verhindern können. Auf diese Frage gibt es keine schnelle Antwort. Und auf diese Frage kann es auch nicht eine einzige Antwort geben. Die Antworten, nach denen wir suchen, können zudem nicht allein von der Politik kommen. Vielmehr ist auch jeder einzelne (darunter die von Ihnen zu Recht erwähnten Eltern und Lehrer) verpflichtet, die eigenen Verhaltensweisen darauf hin zu überprüfen, inwieweit sie einem friedlichen Miteinander in unserer Gesellschaft zuträglich sind, inwieweit sie der Würde der Mitmenschen Rechnung tragen und inwieweit sie verantwortlichem Handeln gerecht werden.
Zu dieser Selbstreflexion muss auch die Frage gehören, ob der Konsum von Gewaltvideos und Killerspielen, auch wenn diese nicht verboten sind, einem verantwortlichen und selbstverantwortlichen Handeln entspricht. Sicher, nicht jeder, der Gewalt- und Killerspiele spielt, wird zum Amokläufer. Klar ist aber auch, dass die virtuelle Brutalisierung bei vielen jugendlichen Gewalttätern und Amokläufern den Beginn der realen Brutalisierung markiert.
Auch die Politik muss sorgfältig prüfen, wie sie noch mehr dazu beitragen kann, derartige Katastrophen in Zukunft zu verhindern. Die von der großen Koalition beschlossenen Änderungen beim Waffenrecht halte ich daher für einen wichtigen und richtigen Schritt.
Wie bereits gesagt ist aus meiner Sicht die virtuelle Ausübung von wirklichkeitsnah dargestellten Tötungshandlungen, wie sie in Killerspielen praktiziert wird, überaus problematisch. Das von der Innenministerkonferenz geforderte Herstellungs- und Verbreitungsverbot ist für mich daher bedenkenswert und sorgfältig zu prüfen. In jedem Fall sollte aber meines Erachtens in der Debatte, welche Maßnahmen zur Gewaltprävention ergriffen werden, die von den Bundesministern von der Leyen und Schäuble vorgeschlagene Sperrung von kinderpornografischen Seiten im Internet mit Blick auf Killerspiele neu diskutiert werden. Zudem halte ich es jenseits des Internets für erforderlich, das Zustandekommen von Alterskennzeichnungen von Killerspielen zu überprüfen und insbesondere die Arbeitsweise der Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle kritisch zu hinterfragen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Strobl