Wie bringen Sie Ihren Einsatz für die Impfpflicht mit Ihren liberalen Idealen in Einklang?
Lieber Herr Sattelberger,
wie Herr Kubicki in seiner hervorragenden Rede im Bundestag im Januar ganz richtig meinte, kann man nur hoffen, nie zu einer Minderheit zu gehören, wenn die Mehrheit mit Verweis auf Moral grundlegende Rechte des Grundgesetzes aushöhlen möchte. Ich verstehe deswegen Ihre Haltung als Liberaler zu diesem Thema überhaupt nicht.
Sehr geehrter Herr W.,
als Abgeordneter unterstütze ich den Entwurf eines Gesetzes zur Aufklärung, Beratung und Impfung aller Volljährigen gegen SARS-CoV-2, vgl.
https://dserver.bundestag.de/btd/20/008/2000899.pdf
Sie werden in diesem Antrag eine ausführliche Begründung finden, hinter der ich stehe.
Die Impfung gegen Corona ist nicht wirkungslos, ganz im Gegenteil. Sie schützt die große Mehrheit der Geimpften - allem voran vor einem schwerwiegenden Verlauf dieser Erkrankung bis hin zum Tod. Je mehr Menschen sich impfen lassen, desto schneller geht die Pandemie in eine Endemie über. Je mehr Menschen sich impfen lassen, desto besser sind auch die geschützt, die sich nicht impfen lassen (können).
Deutschland lebt seit vielen Monaten mit dem Sonderfall einer Impflücke, die in vergleichbaren anderen Ländern nicht besteht. Wir müssen diese Impflücke jetzt schließen. Dazu gehört, bei der Impfung umzusteuern von Freiwilligkeit auf Pflicht. Das ist eine Präventionsmaßnahme, damit wir - spätestens im kommenden Herbst - nicht erneut zu kontaktbeschränkenden Maßnahmen greifen müssen. Die Zukunft darf nicht aus immer wiederkehrenden Teil-Lockdowns bestehen.
Sehr viele Menschen in Deutschland haben sich freiwillig gegen Corona impfen lassen. Aber es sind noch nicht genügend Menschen, um diese Pandemie unter Kontrolle zu bringen. Deshalb müssen wir jetzt vorausschauend handeln.
Wir sprechen hier über ein medizinethisches Thema, das viele Menschen aufwühlt. Ich kann nachvollziehen, wenn Menschen auf diese Frage aus einer ganz anderen Perspektive blicken als ich und mithin auch eine völlig konträre Meinung vertreten. Deshalb ist es richtig, wenn die Mitglieder des Deutschen Bundestages diese Frage nicht mit Blick auf machtpolitische Fraktionsdisziplin entscheiden, sondern rein nach ihrem Gewissen. Und genau so werde ich es machen.
Mit freundlichem Gruß
Thomas Sattelberger