Frage an Thomas Poreski von Markus R. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrter Herr Poreski,
was sagen sie zum folgend dargestellten Sachverhalt ?( http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/3/0,1872,2345347,00.html )
In einem konkreten Fall konnten ZDF.reporter zeigen, dass einem französischen Staatsbürger, der in seinem Heimatland die sozialhilfeähnliche Leistung RMI in Höhe von 750 Euro monatlich bezog, auch in Deutschland Arbeitslosengeld II plus Miete ausgezahlt wurden. Die Arbeitsagentur bewilligte eine monatliche Unterstützung von 515 Euro. Zum Beantragen genügten lediglich ein Mietvertrag und ein angemeldeter Wohnsitz in Deutschland.
Hartz IV hat zudem dazu geführt, dass EU-Bürgern auch grundsätzlich das Arbeitslosengeld II in Deutschland nicht mehr verwehrt werden kann. Als rechtliche Voraussetzung gilt lediglich die - auch nur theoretische - Möglichkeit der Arbeitsaufnahme in Deutschland. Das Arbeitslosengeld muss auch dann bewilligt werden, wenn der EU-Bürger erst kürzlich aus seinem Heimatland zugezogen ist, noch nie in Deutschland gearbeitet hat und damit auch keine Beiträge in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat.
Beratungsstellen fordern zum Betrug auf
Eine Stichprobe der "ZDF.reporter" zeigte zudem, dass in Beratungsstellen für Arbeitslose Tipps zum Leistungsmissbrauch gegeben werden. Sowohl im Wahlkreisbüro einer Bundestagsabgeordneten, als auch in einer Beratungsstelle einer Gewerkschaft forderten die Mitarbeiter im Gespräch über den Arbeitslosengeld-Antrag zum Betrug auf.
Sehr geehrter Herr Rentschler,
gerne beantworte ich Ihre Fragen:
- EU-Bürger mit Pseudo-Wohnsitz in Deutschland: Der zdf-Bericht hat auf einige Gesetzeslücken hingewiesen, deren Beseitigung im Rahmen der fälligen und ohnehin anstehenden Reparatur nach einem mehrmonatigen Monitoring unter anderem durch die Wohlfahrtsverbände ohnehin ansteht.
- Tipps zum Leistungsmissbrauch: sind natürlich nicht in Ordnung und müssen im Sinne einer gesetzeskonformen Ausführung unterbunden werden. Allerdings muss man auch fragen, ob das - vor allem durch Schwarz-Rot im Bundestag massiv bürokratisierte - ALG II-Antragsverfahren nicht extrem missbrauchsanfällig ist: 16 Seiten Formular, das kein Normalbegabter fehlerfrei ausfüllen kann - das deprimiert die Betroffenen, überfordert Berater und reizt "Oberschlaue" natürlich zum Missbrauch. Hinzu kommt: In vielen Antragsverfahren sind die Verwaltungskosten höher als der ausgezahlte ALG II-Betrag! Wir Grüne stehen deshalb nicht nur dafür, dass die unsinnige Bürokratisierung durch den Bundesrat rückgängig gemacht wird, sondern für die Weiterentwicklung des ALG II zu einer transparenten Grundsicherung, die keine falsachen Missbrauchsanreize setzt, die Verwaltungskosten massiv reduziert, dafür aber - anders als heute - das tatsächliche soziokulturelle Existenzminimum deckt.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Poreski