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Frage von Gesine S. •

Frage an Thomas Pohl von Gesine S. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Hallo Herr Dr. Pohl,
Wilhelmsburg, Eimsbüttel, Altona - unterschiedliche Bezirke, aber eine Stadt. Und hier kommt meine Frage an den Fachmann:
Auf dem Bahngelände in Altona Mitte sollen in Zukunft 3000 Wohnungen entstehen. Ich gehöre einer Baugemeinschaft und würde gerne zusammen mit den anderen MitstreiterInnen dort in einem Wohnprojekt leben.
Wie stehen Sie zu einem autofreien Projekt auf dem Gelände und was werden Sie tun, damit die Investoren Grundstücke auch für Baugemeinschaften und soziale Projekte zu angemessenen Preisen abgeben? Haben Sie weitere Ideen oder Vorschläge für uns, außer die Piraten zu wählen??

Ich freue mich auf Ihre Anwort und verbleibe
mit herzlichen Grüßen aus Langenfelde
Gesine Scheunemann

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Antwort von
PIRATEN

Hallo Frau Scheunemann,

vielen Dank für Ihre Frage zu einem stadtpolitisch aktuellen Themenfeld. Mit großem Interesse verfolge ich die geplante städtebauliche Entwicklung in Altona, mit der viele Chancen, aber auch einige Risiken verbunden sind.

Angesichts der Situation auf dem Hamburger Mietwohnungsmarkt ist die Entwicklung von Flächen für den Wohnungsbau sehr zu begrüßen. Dabei solle es das Ziel sein, das neue Quartier Altona Mitte sozial und funktional vielfältig zu gestalten. Eine Mischung aus Mietwohnungen, genossenschaftlichem Wohnungsbau, öffentlich gefördertem Wohnraum, aber auch einigen Eigentumswohnungen kann dazu beitragen gesellschaftliche Integration zu befördern und der fortschreitenden sozialen Spaltung in Hamburg entgegenzuwirken. Weiterhin bin ich der Meinung, dass große Konversionsflächen wie das von Ihnen angesprochene Gelände nicht als reine Wohngebiete geplant werden sollten. Vielmehr ist meiner Meinung nach eine gute nahräumliche Versorgungsinfrastruktur anzustreben (Einkaufsgelegenheiten, Gesundheitsversorgung, Bildungseinrichtungen, kulturelle Einrichtungen, Parks etc.).

Leider kommt die soziale und funktionale Vielfalt bei vielen städtbaulichen Planungen oft zu kurz. Die HafenCity ist da sicher ein prominentes Negativbeispiel, sodass die Angst vor einer Fehlplanung für das Gebiet Altona Mitte sehr berechtigt ist. Insbesondere da im Falle von Altona Mitte die Flächen nicht der Stadt gehören, sondern der Bahn AG, der DB-eigenen Aurelis Real Estate GmbH sowie der Holsten Brauerei, sind massive Renditeinteressen seitens der Eigentümer zu befürchten, was die Realisierung einer sozial ausgewogenen Mischung deutlich erschweren könnte. Andererseits ist das Areal bereits 2007 vom Senat zur "Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme" gemäß §165ff. Baugesetzbuch erklärt worden. Mit dieser Maßnahme kann wenn nötig sichergestellt werden, dass Hamburg im Bedarfsfall die betreffenden Grundstücke zu dem Preis erwerben kann, der ohne Aussicht auf die Entwicklungsmaßnahme zustande kommen würde. Bei konsequenter Anwendung dieser vom Gesetzgeber vorgesehenen Interventionsmöglichkeit wäre man also zukünftig keinesfalls dazu gezwungen, mit dem Hinweis darauf dass die Bodenpreise schon so teuer sind ausschließlich hochpreisige Wohnungen zu erstellen. Natürlich liegt es letztendlich daran, welche Politik der/die nächste StadtentwicklungssenatorIn verfolgen wird und ob von der bestehenden gesetzlichen Regelung Gebrauch gemacht wird.

Meiner Meinung nach sollte der/die nächste StadtentwicklungssenatorIn darauf hinwirken, einen Städtebaulichen Vertrag gemäß §11 Baugesetzbuch herbeizuführen, der die oben genannten Planungsziele - insbesondere denke ich da an die soziale Mischung - aufnimmt und eine entsprechende Rahmenplanung vorgibt. Dabei ist die Politik in doppelter Hinsicht gefragt: Einerseits muss erreicht werden, dass entsprechende Festlegungen erfolgen, die hohe Flächenanteile für soziale Projekte und Baugemeinschaften vorsehen. Andererseits zeigt die Erfahrung, dass heute ohne eine Bürgerbeteiligung, die diesen Namen auch verdient, derartige Großprojekte schnell zu Altona 21" werden könnten. Die Piratenpartei setzt sich aus diesem Grund nicht nur für mehr öffentlich geförderten Wohnungsbau in Hamburg und eine stärkere soziale Mischung der Quartiere ein, sondern auch für mehr Partizipation der Öffentlichkeit - und zwar von Anfang an. Von der lokalen Bezirkspolitik benannte "Bürgervertreter", die dann noch nicht mal stimmberechtigt sind, sind nicht das, was die Piratenpartei unter einem partizipativen Planungsprozess versteht! Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Konkret frage ich mich im Fall von Altona Mitte, warum es keine Integration von Foren wie Altopia, oder auch Autofreies Wohnen e.V., in die Planung gibt. Weiterhin könnte ich mir gut vorstellen, dass eine Stadtentwicklungsgesellschaft wie etwa Stattbau Hamburg, die sich als "alternativer Sanierungsträger" bereits einen guten Namen gemacht hat, beim Entwicklungsprozess in Altona eine positive Rolle spielen und somit der Logik der Verwertungsinteressen einiges entgegengesetzt werden könnte.

Weiterhin steht die Piratenpartei für die Förderung einer nachhaltigen Verkehrswende. Es ist unstrittig, dass vor dem Hintergrund der zu Neige gehenden Energiereserven ein Ausstieg aus der automobilen Gesellschaft gefördert werden muss. Daher stehe ich einer autofreien Siedlung in Teilen des Entwicklungsgebietes sehr aufgeschlossen gegenüber.

Darüber hinaus ist mir persönlich wichtig, dass die Geschichte von Orten baulich erhalten bleibt und keine "Tabula Rasa" Planung wie im Fall der HafenCity erfolgt. Ich denke da konkret an den markanten Wasserturm auf dem Gelände, der meiner Meinung nach ein erhaltenswertes Element der Kulturlandschaft ist und nicht dem Bagger zum Opfer fallen sollte. Ich könnte mir gut eine kulturelle Nachnutzung des Turms vorstellen, der ein Zeuge der Geschichte des Stadtteils ist.

Mit besten Grüßen,
Thomas Pohl