Frage an Thomas Nord von Jörg P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Im I- Punkt des BBB – TV vom 9.1.2013 äußern Sie sich, dass es notwendig ist, den Flughafen BER fertig zustellen. Ferner äußern Sie sich, dass der Finanzminister alle Gerichtsentscheidungen zum Schallschutz akzeptieren würde und die Partei die „ Linke“ in einer Regierung mehr erreicht.
Herr Nord , haben ich Sie richtig verstanden, dass Sie die Existenz und die Gesundheit von tausenden Menschen in den Einflugschneisen als nicht so wichtig empfinden, nur um die Macht in Brandenburg zu erhalten ?
Erklären Sie mir bitte, wie ein Nachtflugverbot mit dem Wahlversprechen der Linken erzielt werden soll, wenn Platzeck erklärt, das dieses mit ihm nicht zu machen ist !?
Verwenden Sie die Äußerungen von Herr Markow so, dass die Linke das Schallschutzproblem wieder vor das Bundesverwaltungsgericht tragen wird, da das OVG nicht die Auffassung der Regierung teil ?
Die Linken bekleiden auch das Justizministerium. Nach Aussage des VDGN ist der Staatsanwalt, an Weisungen des Ministers gebunden. Wie weit setzt sich die „Linke „dann überhaupt für die Aufklärung über den Betrug am Schallschutzprogramm ein, wenn bisher alle Anzeigen nicht zeitnah bearbeitet wurden. ?
Was haben Sie persönlich für Flughafenbetroffenen getan ?
Sehr geehrter Herr Pohland,
um es vorweg zu nehmen, Sie haben mich nicht richtig verstanden.
Richtig ist, dass ich der Meinung bin, dass der Flughafen BER in der jetzigen Lage fertiggestellt werden muss.
Der Standort Sperenberg für eine dritte Start- und Landebahn oder ein neuer Standort, wo auch immer, ist auf absehbare Zeit (die nächsten zehn bis zwanzig Jahre) keine realistische Lösung und es würde zusätzlich zu den Kosten für Schönefeld (die schon schlimm genug sind) weiterer Milliarden bedürfen, um diese Idee zu realisieren. Da SPD, CDU, FDP und Grüne eine Schuldenbremse ins Grundgesetz beschlossen haben, fällt mir noch nicht einmal ein, woher dieses Geld kommen soll. Aus dem laufenden Haushalt kann man es wohl nicht nehmen, Schulden machen, also Kredite in dieser Höhe aufnehmen, darf das Land in Zukunft nicht mehr.
Unabhängig davon haben auch die Bürgerinnen und Bürger bei Sperenberg gute Gründe, ihre Region vor einem weiteren Flughafen zu schützen. Wer glaubt, dort würde man sich über diese Idee einer dritten Start- und Landebahn freuen, der irrt gewaltig. Die Verdoppelung eines Problems ist eben nicht seine Lösung.
Schönefeld ist der falsche Standort für diesen Flughafen, das hat meine Partei fünfzehn Jahre lang gebetsmühlenartig wiederholt. Gewählt wurden in Brandenburg und auch in der Region um Schönefeld trotzdem mehrheitlich die Parteien, die offen in ihren Wahlprogrammen für ein Luftdrehkreuz an diesem Standort - und das in mindestens drei Landtagswahlen hintereinander - eingetreten sind. Das bedaure ich sehr. Wir können es aber nicht ändern, sondern müssen es als souveräne Entscheidung der politischen Mehrheiten in diesem Land respektieren.
Unabhängig davon müssen wir als Linke jetzt mit dieser mehrfach bei Wahlen bestätigten Entscheidung umgehen.
Was wir in dieser Situation tun können, ist für einen konsequenten Schallschutz bei den Betroffenen und für ein längeres Nachflugverbot einzutreten. Und ja, das können wir möglicher Weise auch innerhalb der Regierung.
Ob das mit Platzeck zu machen ist, wird sich in den kommenden Tagen und Wochen zeigen. Dem entsprechend wird sich auch die Linke verhalten müssen. Wir sollten jedoch nicht vergessen, auch Matthias Platzeck hat einen Wählerauftrag, für den die SPD zur stärksten Partei im Land gewählt wurde und der ist mit dem, was sie und ich für richtig halten, nicht im Geringsten identisch. Eher im Gegenteil.
Unabhängig davon tritt DIE LINKE dafür ein, dass durch das Land alle Mittel für den Schallschutz entsprechend Planfeststellungsbeschluss und unter Berücksichtigung aller tatsächlich Betroffenen zur Verfügung gestellt werden. Erst unser Druck hat dazu geführt, dass hier auch Bewegung bei den anderen Gesellschaftern eingetreten ist. Aber natürlich ist hier genauso wenig blindes Vertrauen angesagt, wie bei allen anderen Fragen. Diese Auseinandersetzung ist nicht ausgestanden und wird von allen Seiten, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln weiter ausgetragen. Das wir hier aber an der Seite der Betroffenen streiten, daran habe ich keine Zweifel. Auch am Umgang mit dieser Auseinandersetzung muss wohl festgemacht werden, wie der vom Ministerpräsident Platzeck verkündete Neustart am BER tatsächlich aussieht.
Das mit der Justiz und dem VDGN vermag ich nicht zu glauben. Letztere ist in diesem Land dem Gesetz nach unabhängig und ein linker Justizminister wird sich sehr wohl an diesen rechtsstaatlichen Grundsatz halten. Darüber hinaus hat die Justiz in den letzten Monaten wiederholt auch zu Gunsten der Betroffenen geurteilt. Ich finde das auch gut so und die Politik hat sich an die Entscheidungen der Gerichte zu halten.
Was mich persönlich betrifft, bin ich zum einen selbst Betroffener dieses desaströsen Flughafenprojektes und zum anderen regelmäßig in Kontakt mit dem Bürgerinitiativen meines Wahlkreises.
Im Bundestag trete ich aktiv für die Änderung des Luftverkehrsgesetzes zu Gunsten des Gesundheitsschutzes ein. Im Land unterstütze ich die Bemühungen meiner Partei, die Regierung zu einer Unterstützung der Bundesratsinitiative von Rheinland-Pfalz für ein einheitliches Nachtflugverbot in Deutschland und zu einer Bundesratsinitiative zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes zu bewegen.
Ich unterstütze alle Bemühungen der linken Minister für einen konsequenten Schallschutz und ein entsprechendes Gesundheitsmonitoring am Standort Schönefeld und ebenso unsere hartnäckigen Bemühungen, die Regierung insgesamt für ein längeres Nachtflugverbot zu gewinnen.
Zum Schluss vielleicht noch dies:
Sie scheinen die Ansicht zu vertreten, dass sich das Ausüben von Ministerämtern und das Vertreten von berechtigten Interessen der Bürgerinnen und Bürger ausschließen. Diese Ansicht teile ich nicht. Ich bin auch nicht der Auffassung, dass das Ausüben von Ministerämtern ein Zweck an sich oder vergnügungssteuerpflichtig ist.
Schon gar nicht hänge ich persönlich an solchen zweifelhaften Freuden der Macht.
Ich weiß aber aus persönlicher Kenntnis der handelnden Personen, die Sie benannt haben (Finanzminister Markov, Justizminister Schöneburg), dass sie sich für genau das einsetzen, was ich hier geschrieben habe.
Sie haben dabei die Unterstützung von einem Viertel der Wählerinnen und Wähler dieses Landes. Das heißt von dreiviertel haben sie sie nicht. Sie können daher nicht einhundert Prozent unsere Wünsche durchsetzen. Das wäre auch nicht Demokratie, wie ich sie verstehe. Gleichwohl kämpfen sie darum, so viele Interessen unserer Wählerinnen und Wähler wie möglich umzusetzen.
Daher unterstütze ich sie innerhalb und außerhalb der Parlamente, mit den mir gegebenen Mitteln und Möglichkeiten und soweit meine Kräfte reichen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Nord