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Thomas Jarzombek
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Frage von Rolf G. •

Frage an Thomas Jarzombek von Rolf G. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Jarzombek,

meine Frau hat 34 Jahre in eine Lebensversicherung eingezahlt, die am 01.04.2013 fällig wird.
In der Presse habe ich gelesen, dass die Bundesregierung plant, die Auszahlungen zu kürzen.
Ich bitte Sie dies zu verhindern, schließlich haben wir lange für unser Alter gespart und uns immer an bestehende Verträge gehalten.
Es darf nicht sein, die uns zustehenden Auszahlungen zu kürzen, um die Versicherungen zu entlasten.

Bitte teilen Sie uns mit, wie Sie in dieser Frage entschieden werden.

Mit freundlichem Gruß

Rolf Greßnich

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Sehr geehrter Herr Greßnich,

vielen Dank für Ihre Nachricht zum Thema Lebensversicherungen. Viele Versicherte sind wegen der aktuellen Berichterstattung und Diskussion zu Veränderungen bei ihren Verträgen über eine Kapitallebensversicherung verunsichert.

Hintergrund ist das sogenannte SEPA-Begleitgesetz, in dessen Rahmen die Bewertungsreserven bei Kapitallebensversicherungen neu geregelt werden sollten. Ursprünglich hätte das Gesetz gemäß Beschluss des Deutschen Bundestages zum 21.12.2012 in Kraft treten sollen. Der CDU-Bundesparteitag in Hannover hat sich Anfang Dezember 2012 jedoch mit einem Beschluss gegen das Vorhaben in der beabsichtigten Form ausgesprochen. Auch der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 14.12.2012 Bedenken gegen das Gesetz angemeldet und daher den Vermittlungsausschuss angerufen. Bei der nächsten Sitzung des Vermittlungsausschusses am 26.02.2013 wird das Thema auf der Tagesordnung stehen. Ich kann derzeit noch nicht abschätzen, ob und wie sich die Vertreter von Bundestag und Bundesrat dabei auf einen Kompromiss verständigen werden.

Zum besseren Verständnis dieser komplexen Thematik erscheint es mir wichtig zu wissen, dass sich der Auszahlungsbetrag eines Lebensversicherungsvertrages regelmäßig aus drei Elementen zusammensetzt. Dabei handelt es sich um
1. die bei Vertragsabschluss garantierte Leistung
2. die Überschussbeteiligung einschließlich des erst zum Vertragsende feststehenden Anteils am Schlussgewinn
3. die Beteiligung an den so genannten Bewertungsreserven.

Nur bei den Bewertungsreserven (3) sollte sich durch die Neuregelung etwas ändern: Nach der Neuregelung kann die Beteiligung der ausscheidenden Versicherten an den Bewertungsreserven (3) in einem bestimmten Fall angepasst werden. Dieser Fall tritt ein, wenn die Marktzinsen zu niedrig sind. Denn dann besteht die Gefahr, dass das Versicherungsunternehmen nicht mehr genügend Erträge erzielen kann, um den verbleibenden Versicherten die ihnen bei Auslaufen ihrer Verträge zustehende garantierte Leistung und Überschussbeteiligung (1 und 2) zahlen zu können. Die Neuregelung verhindert somit, dass die jetzt ausscheidenden Versicherten den Kapitalbestand zu Lasten der verbleibenden Versicherten zu sehr verbrauchen.

Keinem Versicherten würde durch die geplante Neuregelung also etwas weggenommen werden, was ihm bei Vertragsabschluss versprochen worden ist. Versicherte werden erst seit 2008 überhaupt an den Bewertungsreserven beteiligt, und zwar zu 50 Prozent. Im Übrigen ist es gar nicht möglich, ein Versprechen über Bewertungsreserven abzugeben, da diese erst am Ende der Laufzeit feststehen und im Zeitablauf stark schwanken. Aus diesem Grund ist es Versicherungsunternehmen auch verboten, mit der Höhe der Bewertungsreserven zu werben.

Bewertungsreserven entstehen wie folgt: Das von den Versicherten eingezahlte Geld legt das Versicherungsunternehmen zum Beispiel in sicheren Bundesanleihen an. Wenn der Preis für eine solche Bundesanleihe im Bestand des Versicherungsunternehmens am Markt über den Preis steigt, zu dem das Versicherungsunternehmen diese Anleihe ursprünglich erworben hat, entstehen Bewertungsreserven.

Zur Verdeutlichung hier ein konkretes Beispiel: Eine Bundesanleihe mit einem Nominalwert von umgerechnet 100 Euro wurde im Jahre 1986 mit einem Zinssatz von 6 Prozent ausgegeben. Gegenwärtig wird die Anleihe zu einem Kurs von 120 Euro gehandelt. Der Kursgewinn in Höhe von 20 Euro - also die Differenz zwischen dem Nominalwert von 100 und dem gegenwärtigen Kurs von 120 - ist keine dauernde Wertsteigerung. Denn bei Fälligkeit der Anleihe im Jahr 2016 wird das Versicherungsunternehmen lediglich den Nominalwert von 100 Euro zurückerhalten. Die Anleihe ist derzeit nur deshalb so wertvoll geworden, weil sie noch vier weitere Jahre Zinsen von 6 Prozent einbringt, wohingegen aktuell gehandelte Anleihen nur etwa zu 1 Prozent verzinst werden.
Die unveränderte Beibehaltung der gesetzlichen Regelung aus dem Jahr 2008 würde in diesem Beispiel dazu führen, dass die Versicherten, deren Verträge aktuell fällig werden, Bewertungsreserven aus dieser Anleihe von 10 Euro (50 Prozent von 20 Euro) ausgezahlt bekommen würden. Dem Versicherungsunternehmen stehen diese 10 Euro selbst aber gar nicht unmittelbar zur Verfügung. Die Wertsteigerung ist nämlich nur vorübergehend und besteht sozusagen nur „auf dem Papier“. Das Versicherungsunternehmen muss deshalb die 10 Euro aus dem allen Versicherten zugehörigen Kapitalbestand erbringen. Dies führt dazu, dass der für die große Gemeinschaft der beim Versicherungsunternehmen verbleibenden Versicherten vorgesehene Kapitalbestand aufgezehrt wird und zukünftig nur geringere Erträge erwirtschaften kann.

Bewertungsreserven unterliegen also einer stichtagsbezogenen Betrachtung, so dass es angesichts der gegenwärtigen großen Schwankungen bei den Zinssätzen zu großen Ungleichgewichten kommt. Das bedeutet: Versicherte erhalten je nach augenblicklichem Stand der Kapitalmärkte höhere oder geringere Zuflüsse aus den Bewertungsreserven. Dies ist meiner Ansicht nach mit dem Gedanken einer gerechten Verteilung innerhalb der Versichertengemeinschaft nicht zu vereinbaren. Zum Zeitpunkt des Vertragsablaufs zufällig bestehende Bewertungsreserven haben nichts mit den langjährigen Beiträgen der Versicherten für ihre Altersvorsorge zu tun. Würde man sie mit den gerade auslaufenden Lebensversicherungsvorhaben ausschütten, ginge das ganz und gar zu Lasten der später fällig werdenden Verträge. Die Neuregelung soll verhindern, dass die ausscheidenden Versicherten gegenüber den verbleibenden Versicherten bevorzugt werden.

Ziel der Regelung ist es somit, für eine Beteiligung aller Versicherungsnehmer an den Bewertungsreserven auch in der Zukunft Sorge zu tragen. Es geht bei der Neuregelung darum, die angemessene Kapitalausstattung des Versicherungsbestandes sicherzustellen und einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen der einzelnen Versicherungsnehmer zu schaffen. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Versicherungsnehmer auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten angemessene Erträge aus ihren Lebensversicherungen erhalten.

Vorerst bleibt aber das Ergebnis der Beratungen im Vermittlungsausschuss abzuwarten.

Mit besten Grüßen

Thomas Jarzombek

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